— 217 — 
Die Österreicher in München (m»). 
Auf dem Frauenturm schlug es acht Uhr. „Kommen sie jetzt 
bald, die Österreicher?" fragte der Bader Wüst und horchte zum Fenster 
hinaus. „Noch immer nicht," antwortete der Weinwirt Jäger, „erst 
um 9 Uhr abends marschieren sie ein." — Es war ein schöner Maien¬ 
tag und die laue Luft strömte zum Fenster herein in die Weinstube. 
„Daß ich die Sache ganz erzähle," sagte der Bader, „wie ich 
gestern früh um 8 Uhr einen Herrn einseife, der mit dem Post¬ 
wagen gekommen ist, da fragt er: „Wie steht's mit Eurem Kurfür¬ 
sten?" — In Frankreich wird er jetzt sein, sag ich. Nach der Schlacht 
ist er fort nach Frankreich. König von Belgien hat er werden wollen, 
unser Max Emmanuel, und nun ist er König ohne Land. Auch die 
Kurfürstiu ist fort, nur die Kinder sind noch da. — Ihr werdet 
heute noch Besuch bekommen, gibt er mir zur Antwort. Die Öster¬ 
reicher sind schon da seit sieben Uhr morgens und marschieren gegen 
Schwabing heran. — Und kaum sagt er das, geht draußen ein Ge¬ 
laufe und ein Lärm los. Einer klopft ans Fenster und ruft: „Die 
Österreicher kommen!" und läuft wieder weiter. Sie waren wirklich 
nur mehr eine Stunde weg von der Stadtmauer. Ich mache mein 
Geschäft fertig und laufe schnell den andern nach ans Neuhauser 
Tor. Da kommt auch der Hauptmann Mayer schon mit 400 Mann 
von der Leibwache und der Jägerwirt da mit den Bürgern und 
und gehen auf die Mauer und auf die Wälle hinaus und richten 
die Kanonen gegen die Österreicher. Ich stieg auch auf die Stadt¬ 
mauer; da draußen stehen richtig schon ein paar schwarze Hänfen. 
Wie viel können das sein? frag ich einen Soldaten neben mir. Mehr 
als 10—12 000 Mann, sagt er. Da waren sie nun draußen, un¬ 
sere neuen Herren, unser neuer kaiserlicher Statthalter Graf Löwen¬ 
stein und der General Kriechbanm und der Oberst Wendt. Und es 
dauert nicht lang, so kommt ein Reiter aus dem Hausen, ein Husar, 
auf die Stadt zu. Nicht weit vom Nenhanser Tor hält er, schwingt 
eine weiße Fahne und bläst und ruft dem Torwärter etwas zu. 
Ein Schreiben hat er von den Österreichern und zum Bürgermeister 
will er. — 
„Ja, das ging an den Bürgermeister," redete der Jägerwirt 
dazwischen. „Die Österreicher verlangten, wir sollten sie hereinlassen 
mit ihren Soldaten. Sie möchten gleich dableiben samt dem Grafen 
Löwenstein. Und nichts soll die Kurfürstin samt ihren Kindern be¬ 
halten als das Rentamt München."
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.