Full text: Bilder aus Frankens Vergangenheit

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war in Lohr ein Haus von der Pest verseucht, so wurde es zugeschlagen. 
Die Notwendigkeiten wurden an einer Stange zum Fenster hineingereicht, 
war einer gestorben, so wurde er von den Lebenden zum Fenster hinaus 
auf die Straße geworfen; der täglich dreimal alle Straßen passierende 
Leichenwagen nahm den Leichnam auf. Die Pest regierte sechs Wochen 
und drei Lage; es sind daran gestorben 860 Menschen; der höchste Stand 
an einem Lage waren 45 Tote. Nur zwölf Häuser waren noch frei; 
von zwölf Ratsherren lebten noch vier (\655). 
3n Kloster Neustadt verstärken sechs Priester. — 
Nicht ein ziffernmäßiges Bild soll durch diese Zusammenstellung ge¬ 
wonnen werden, dazu sind die Angaben zu lückenhaft, zu unvollständig 
und ungenau. Aber eines ist daraus zu ersehen' Furchtbarer denn der 
Krieg mordete dessen treue Begleiterin, die Pest. 
23, Der Friede. 
Friede! Kaum war es zu glauben, daß er in deutschen Landen noch¬ 
mal Linkehr halten könne, wie ein fremdes Märchen aus seligen Tagen 
klang die Kunde von dem Friedensschluß den Alten, die während einer 
jahrzehntelangen Greuelzeit grau geworden waren, wie ein unfaßbares 
Wunder empfand sie die Jugend, die in Kriegsnot und Elend heran¬ 
gewachsen war- ohne wart und Pflege. Sie hatte die Segnungen des 
Friedens nie gesehn. Daß der Bauersmann frohgemut die Saat bestellte 
auf sorgfältig bereiteter Flur, daß hundertfältige Ernte den sauren Fleiß 
des Landmanns lohnte, daß nach getaner Arbeit auch Feste das Leben 
im schmucken Dorf lein verschönten —, ja davon wußte das verwilderte 
Geschlecht nichts. Bilder zertretener Acker, geschwärzter Dorfruinen, 
Szenen von Haub und Mord, Kummer und Leid — das waren die Ein¬ 
drücke gewesen, die es empfangen hatte von Kindheit auf. Und jetzt klangen 
die Glocken von Turm zu Turm und kündeten Frieden auf deutscher 
Erde. Bis in die entlegensten Schlupfwinkel drang die Botschaft und rief 
die verkrochenen Einwohner in die Dorffchaften um das Friedensfest zu 
feiern. Am Lage Martini des ^6^8 ften Jahres beging man in vielen 
©rten Frankens das frohe Ereignis. 3n feierlichem Wallgange zogen die 
abgehärmten Männer, Weiber und Kinder vom Gotteshaufe durch die 
Straßen der Heimatgemeinde. Dann vereinigten sie sich in der Kirche 
zu andächtigem Dankgottesdienst. Die Glocken läuteten und die Böller 
krachten und von dem Turme bliesen Trompeter kirchliche Lieder. Alle 
Arbeit ruhte. 
wie aber sah es aus im Lande, als der längste Krieg geendet tvarA 
den Deutschland je zu ertragen hatte? 
Unsagbar war die Verwüstung. Ganze Dörfer waren von der Erde 
verschwunden und wurden nicht mehr aufgebaut. In jeder Ortschaft gab 
es herrenlose Güter in Menge. Die Einwohner vieler Gemeinden waren
	        
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