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Jetzt tritt aus dem Frauenhause die Burgfrau mit den Rindern,
hinter ihnen schreitet der Burgherr. Die Burgbewohner gehen zur Messe,
die der Burgkaplan in der Kapelle hält. Zierauf wird das Frühstück ein¬
genommen. Nach demselben unternimmt der Herr einen Rundgang durch
die verschiedenen Räume der Burg und schaut überall nach dem Rechten.
Die fleißige Burgfrau waltet inzwischen irrt Frauenhaus. Die Kinder hat
sie zum Burgkaplan geschickt, der sie unterrichtet. Die Mägde spinnen,
weben und stricken an Kleidungsstücken.
Das Mahl wird unter der Oberleitung des Truchsessen bereitet
und von Edelknaben aufgetragen. Es wird im Saale des Herrenhauses
eingenommen. Nach dem Mahle eilt die Jugend in den Burggarten zu
fröhlichen Spielen.
Dann und wannen erscheint auch ein fahrender Sänger, spielet die
Fiedel und singet von Lenz und Liebe und seliger, goldener Zeit, aber auch
von Leid und Tod und Grab.
Nachmittags zieht der Burgherr mit Familie und Gefolge hinaus
in den Spessartwald zur Jagd. Die Tochter vertreibt sich die Zeit am
Flußufer mit der Falkenbeize. Wenn reiche Beute das Jagen gelohnt
hat, dann herrschen Freude und Frohsinn bei der Rückkehr.
Heitere Feste waren Weihnachten, Ostern und Pfingsten, Kindtaufen,
Schwertleiten und Hochzeiten; Gäste wurden stets willkommen geheißen
und gastfreundlich bewirtet. Don Zeit zu Zeit zog auch der Burgherr fort
zu ritterlichen Spielen in den Städten der Umgebung. Im Winter aber
lebte es sich auf den Höhen oft recht unbehaglich und einsam.
2. Ein Nitlerspiel in Würzbnrg.
Irrt Jahre des Heiles ^79 unter Kaiser Friedrichs III. Regierung
hat die Ritterschaft im Land zu Franken der Ritterschaft in den vier
Landen Schwaben, Bayern, am Rheinstrom und in Franken zugeschrieben,
daß, wer das Turnier besuchen wollte, auf den Sonntag nach Dreikönig
zu Würzburg in der Herberge erscheinen möchte. Dann wolle man am
Dienstag beschauen und bereiten, am Mittwoch turnieren und auf den
Donnerstag die Danke ausgeben, tanzen und was zu solchen Ehren
gehört.
Nach dem Neujahrstage zogen nun die Ritter mit ihren Knappen
auf allen Heeresstraßen der Stadt am Maine zu. Fahrende Leute, Narren
und Gaukler, Kaufleute und Bettler fanden sich in großer Menge ein
und brachten buntbewegtes Leben in die Mauern Würzburgs.
Am Sonntag nach Dreikönig wurden in die Stadt 4073 Pferde
gestellt und blieb noch Stallung übrig, danach ward das Turnier bei
unserer lieben Frauen Kapelle auf dem Judenplatze gehalten. Der platz
war mit Seilen umzogen um das neugierige Volk abzuhalten. Ringsum
standen daran Ritterknechte als Turnierwächter. Aus errichteten Tribünen