fullscreen: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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61 Berlin, die deulsche Kaiserstadt. 
Zu einer Zeit, als London und Paris bereits berühmt, Aachen, 
Frankfurt a. M. und Köln hoch angesehen waren und selbst kleinere 
Städte eine mehr oder minder wichtige Stellung in der Geschichte 
einnahmen, war Berlin noch ein unbekanntes, wendisches Fischerdorf. 
Um so schneller und überraschender entwickelte es sich im Laufe 
weniger Jahrhunderte nach seiner Gründung durch die Tüchtigkeit 
seiner Fürsten und Bürger, die, treu miteinander verbunden in Freud 
und Leid, in Krieg und Frieden, für das Wohl des Vaterlandes und 
das Gedeihen der Stadt unablässig Sorge trugen. 
So wuchs Berlin empor; selbst die schweren Kämpfe und Drang⸗ 
sale vermochten nicht sein Wachstum aufzuhalten, weder die Ungunst 
der Verhältnisse, noch die Angriffe der Gegner seinen Aufschwung zu 
hindern. Nach und nach verwandelte sich das kleine Fischerdorf an 
der Spree in eine große Residenz, die elenden Häuser und Hütten 
in prächtige Bauten, das alte Schloß der Markgrafen von Branden⸗ 
burg in den preußischen Königssitz und der Kürfürstenstuhl in den 
Thron des Deutschen Kaisers. 
Die Hauptstadt des preußischen Staates und des Deutschen 
Reiches ist eine der schönsten Städte Europas. Sie zählte 1910 
204 Millionen Einwohner und ist mithin die volkreichste Siadt des 
Deutschen Reiches. Ihr Umfang beträgt über 47 km, ihre größte 
Ausdehnung von Osten nach Westen etwa 10 km. Sie wird von 
der für kleinere Fahrzeuge schiffbaren Spree in mehrfachen Krüm⸗ 
mungen durchflossen und in zwei ziemlich gleiche dlinn geteilt. 
Unter allen Gebäuden verdient vorzüglich das vor fast zwei⸗ 
hundert Jahren vom ersten preußischen Könige milten in der Siadt 
dicht an der Spree erbaute große königliche Schloß genannt zu werden, 
ein über 32 m hohes, prachtvolles, mit einer Kuppel über der Schloß⸗ 
lapelle versehenes Bauwerk, welches ein längliches Viereck bilden und 
innerhalb zwei große und zwei kleine Höfe einschließt. Fünf hohe 
Portale führen in das Innere, welches hohe Prachtsäle, fürstliche 
Wohnungen, die Schatzkammer und eine Gemaͤldegalerie enthält. Auf 
der Lustgartenseite zieht sich eine neu angelegte Terrasse hin, auf 
welcher vor dem Haupiportale zwei Gruppen von erzenen, kolossalen 
Rossebändigern stehen, Geschenke des russischen Kaisers Nikolaus. 
Zu den schönsten öffentlichen Plätzen gehört besonders der Lust⸗ 
garten, welcher vom königlichen Schlosse und dem Museum, der alten 
Börse, dem Dome, dem Zeughause und der Schloßbrücke umgeben 
wird. Das Reiterstandbild König Friedrich Wilhelms LIL, sowie eine 
große geschliffene Granitschale und ein Springbrunnen zieren ihn. 
Dem Schlosse gegenüber erhebt sich auf der anderen Seite des Lust⸗ 
gartens das Alte Museum, das in den unteren Räumen die aller— 
tümlichen Bildwerke von Erz, Marmor und Stein aus Griechenland 
und Rom, in den oberen die fast anderthalbtausend Gemälde zählende 
Bildergalerie birgt. Hinter diesem Museum und mit diesem durch
	        
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