Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (2)

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Das Neunzehnte Jahrhundert. 
Stimmungen, sondern auch von Gedanken, Worten und Handlungen. 
Nach dieser Forderung ordnet die Musik sich im Drama dem Worte 
unter; sie dient nur dazu, den Inhalt zu begleiten und besser zum 
Verständnis zu bringen. Die reine Instrumentalmusik soll bestimmte 
Begriffe und Ideen aussprechen. Den Anstoß zur Neuromantik gab 
der Franzose Berlioz, aus ihren Höhepunkt führte sie Richard Wagner 
(1813/83). In feinem Rienzi, dem fliegenden Holländer. Tannhäufer, 
Lohengrin, Tristan und Isolde, den Meistersingern, vor allem in dem 
Ring der Nibelungen — Rheingold, Walküre, Siegfried und Götter¬ 
dämmerung — und Parsival wandte er die neuromantische Idee in 
vollendeter Weise auf die dramatische Musik an. Wagner schwebte 
ein deutsches Nationaldrama vor in der Art der griechischen Tragödien. 
In diesem Musikdrama sollten alle Künste ausgehen. Die Musik soll 
dabei die Aufgabe haben, Handlung und Wort zu begleiten und durch 
das Gefühl dem Zuhörer zu erschließen. Neben Richard Wagner muß 
Franz Liszt (1811/86), der nicht nur der erste Klaviervirtuose seiner 
Zeit war, sondern auch durch seine Symphonien, seine Ungarischen 
Rapsodien und seine Oratorien — Christus und die Legende von der 
heiligen Elisabeth — seinen Ruhm dauernd machte, den Neuromantikern 
zugezählt werden. 
Von den Künstlern der Gegenwart lehnen sich Hiller (1811/85) 
— Zerstörung Jerusalems, Saul, Ver sacrum —, Taubert (1811/91) 
mit seinen reizenden Kinderliedern, Reinecke (geb. 1824), Naumann 
(1827/88), Max Bruch (geb. 1838) — Frithjof, Odysseus, Glocke, 
Achilleus — u. a. an Mendelssohn an, während Johannes Brahms 
(1833/97), der fast aus allen Gebieten bedeutende Werke schuf, sich 
mehr au Schumann anschloß. Peter Cornelius (1824/74), der 
Neffe des Malers —, Der Barbier von Bagdad —, Humperdink 
(geb. 1854) — Hänfel und Gretel, Königskinder —, Richard 
Strauß (geb. 1864) — Don Juan, Macbeth, Tod und Verklärung, 
Till Eulenspiegel, Also sprach Zarathustra, Salome, Elektra — u. a. 
neigen mehr zu den Neuromantikern hin, und Joachim Raff (1825/82), 
Kretzschmer (geb. 1830), Franz Abt (1819/85), Zöllner (1800/60), 
Tschirsch (1818/92), Josef Rheinberger (1839/1901) u. a. schloffen 
sich keiner der genannten Richtungen an. 
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Es ist nicht leicht, das Wesen des letzten Jahrhunderts zu 
kennzeichnen. Will man dennoch den Versuch unternehmen, so kann 
es nicht durch einzelne Schlagwörter, wie Jahrhundert der Natur¬ 
wissenschaften, des Dampfes, der Elektrizität, der Nationalität, der
	        
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