16 15. York an Friedrich Wilhelm III. Tauroggen, 30. Dez. 1812
Stritten von den brausenden Wellen verschlungen. Pferden, die noch
nicht an den wagen niedergeschmettert waren, hieb man die Stränge ab,
schwang sich hinauf und wollte sich so gleichfalls schwimmend retten,
ohne der unglücklichen verwundeten und Kranken zu achten, die nun ganz
hilflos auf den wagen zurückgelassen waren. Kber schon nach wenigen
Minuten folgte der Lohn auf ihre Tat, und die Nemesis ereilte sie mitten
in den Fluten.
Die Massen wogten jetzt so gewaltsam gegen die Ufer des Stroms
heran, daß sie nicht allein gegen die Brücfen, sondern gerade in den
Strom drängten.
vergebens drängten öie vordersten gegen die anwogenden Massen
zurück,- sie wurden von Öen hohen Ufern zu Hunderten hinabgestürzt in
öie Wellen, wie gestern und heute Tausende von dem Rand der Brücken
in den Strom gestürzt wurden. . .
indessen dauerte das mörderische Feuer öer Russen fort; zusehends
wurden die Batterien vermehrt und rückten immer näher. Die Kugeln
schlugen nun immer dichter in die verzweifelte Blaffe, und in den hallen¬
den Donner des Geschützes mischte sich das Wehegeschrei halbzerschmet-
terter, der Hngftruf der in öem Strom versinkenden unö das Toben und
Fluchen derer, die mit verzweifelter Gewalt vorwärts zu bringen suchten.
Hm fürchterlichsten sättigte sich öas (Entsetzen vor und auf den
Brücken selbst. Rettung und verderben liefen hier auf dem schmälsten
Pfade nebeneinander her. Der Fuß trat nicht auf seichen, sondern auf
Lebende, die sich, halb zerstampft, in wilden Zuckungen wälzten.
Manche, öie schon lagen und sich nicht mehr aufzurichten vermoch¬
ten, bissen sich in der Todesangst mit grimmigem Zahn in die Kleiöer
oder Füße der auf ihnen Stehenden ein, bis ein Kolbenschlag oder ein das
Hngeficht zerreißender Fußtritt sie betäubend vollenös niederwarf, von
beiden Seiten der Brücken verschlang der brausende Strom gierig seine
®pfer, und Taufende wurden seine Beute, die erbarmungslos in seinen
Abgrund gestürzt wurden.
15. t)orf an Friedrich Mlhelm III. Cauroggert, 30. Dez. 1812.1)
(Stehe Quellensammlung II, 71, Hr. 15—21.)
Durch einen spätern Hbmarsch wie öer Marschall, durch die vorge¬
schriebene Marschdirektion von Mitau auf Tilsit, bloß um den Rückzug
öer 7. Division zu decken, durch böse Wege und endlich durch ungün¬
stige Witterung in eine höchst nachteilige Lage versetzt, habe ich mich ge¬
nötigt gesehen, mit dem kaiserlich russischen Generalmajor v. Diebitsch
1) 3oh- (5. Droysen, Das Leben des Feldmarschalls Grafen von Warten-
berg. 6. stuft. I, 294 ff.