fullscreen: Lehrbuch der alten Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten

Küstensaum Lydiens in Besitz, wo Milet und Ephesus ihre bedeutendsten 
Pflanzstädte waren. Von diesen gingen dann wieder zahlreiche andere 
Kolonieen aus, die zumal am Hellespont und schwarzen Meere zu großer Blüte 
gelangten. — Die Dorer kolonisierten Kreta, Rhodns und andere benachbarte 
Inseln und gründeten an der Küste Kariens Halikarnaß. 
Die griechischen Kolonieen waren vom Mutterlande nicht abhängig, mit 
dem sie nur ein Pietütsverhältnis verband. Die Kolonistenlnahmen zwar 
das heilige Feuer vom Altar der Hestia, der jungfräulichen Herdgöttin, mit 
(der sich im Mittelpunkt der Stadt, dem Prytanenm, befand) und beteiligten 
sich auch an den Festen der Mutterstadt, gingen aber im übrigen ihre eigenen 
Wege, ja verfolgten bisweilen sogar ganz entgegengesetzte Ziele. 
§ 2. Die Religion. 
Die Religion änderte sich mit der Entwickelung des hellenischen Volkes. 
Die von den Pelasgern verehrten Naturkräfte werden sittliche Wesen, welche 
in das menschliche Leben eingreifen, es bewahren oder vernichten. Die Götter 
sind aber nur vervollkommnete Menschen (stattlicher, schöner, kräftiger); sie 
nähren sich von Speise und Trank (Ambrosia und Nektar), gewinnen neue 
Kraft durch den Schlummer, sind nicht allwissend und allmächtig, aber 
von hoher Macht, so daß sie mit Erfolg in das Leben der Menschen eingreifen 
können, deren Leiden und Freuden sie teilen; doch naht ihnen nicht der Tod. 
Die Unsterblichkeit, ewige Jugend und Kraft erschien den Hellenen als der 
Gipfel aller Seligkeit. Diese heitere Freude am Dasein konnten die Götter 
sich verscherzen, wenn sie beim Styx, dem Flusse der Unterwelt, falsch 
schwuren. So erscheinen uns die Götter bei Homer, dem größten Dichter 
der Hellenen, der um d. I. 1000 zu Smyrna lebte. 
Nach den Elementen der Lust, des Wassers und der Erde teilt sich die 
Götterwelt in 3 Klassen. Die olympischen oder oberen Götter, welche ihren 
Wohnsitz auf dem Olymp haben, waren: 
1. Zeus, seit dem Sturze des Kronos, der Titanen und Giganten „der 
Vater der Götter und Menschen", der Weltbeherrscher, der den Königen die 
Macht verleiht, die staatlichen Ordnungen und das Recht schützt und das Gast¬ 
recht in seine Obhut nimmt. — Die Kunst stellte ihn dar mit der Ägis (dem 
von Blitzen nmznckten Schilde der Wetterwolke), dem Blitz, Zepter und Adler. 
2. Hera, Gemahlin und Schwester des Zeus, die Beschirmerin der Ehe, 
das Vorbild der griechischen Frauen. Ihr folgen die Charitinnen, die 
Göttinnen der Anmut. — Die Kunst teilte der Himmelsgöttin den Pfau zu, 
dessen Schweif mit Augen besät ist, wie der Himmel mit Sternen. 
3. Hephästus, beider Sohn, Gott des Feuers und dadurch auch der 
Kunst. — Er war lahm an einem Fuße. Seine Werkstatt ist im Ätna; die 
Cyklopen sind seine Gehilfen.
	        
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