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Der König suchte also nach Gründen und Veranlassungen, ihn 
zu entsetzen. Und es fand sich, er habe den päpstlichen Stuhl, den er 
bestiegen, früherhin verschworen und darum verschworen, weil er 
nicht als Archidiakonus beim Leben eines Papstes mittels Bewerbung 
nach ihm habe streben wollen. Ob dies wahr ist oder ersonnen, habe 
ich nicht ergründen können. Die einen bejahten es, die anderen 
sagten, es sei erlogen, und beide Teile führten Rom für sich au. 
Diese meinten: Rom, die Gebieterin der Welt, würde solch eid¬ 
vergessenen Frevel niemals geduldet haben; jene aber behaupte¬ 
ten: Rom, die Sklavin der Habsucht, würde für Geld gern jeg¬ 
lichen Frevel gestatten. Meinerseits jedoch muß die Frage unent¬ 
schieden bleiben, weil ich das Unsichere weder zu bestreiten noch 
zu bestätigen wage. 
Der König eilte nun mit Heeresmacht nach Rom und zer¬ 
trümmerte auf dem Wege jeden Widerstand. Er erstürmte die Städte, 
drückte die Hochmütigen nieder, krümmte die Halsstarrigen und zer¬ 
sprengte die Parteien. Bei seiner Ankunft aber griff das aufgehetzte 
Rom, statt ihm die schuldigen Ehren zu erweisen, als hätte der Punier 
Hannibal die Alpen überschritten, nach den Waffen und verschloß 
seinem Herrscher wie einem Feinde die Tore. In gerechter Ent¬ 
rüstung unternahm der König daher ans geeignete Weife die Be¬ 
lagerung der Stadt, und wie sie ihm den Eingang, so wehrte er 
ihnen den Austritt.1) Abteilungen wurden in die Umgegend gesandt, 
die Burgen zu brechen, die Dörfer zu zerstören, die Güter zu plün¬ 
dern, und so strafte er außerhalb die Landschaft, weil innerhalb 
Rom sich verschlossen hatte. ,Draußen war der Krieg und drinnen die 
Furcht? Allenthalben erhoben sich die Sturmgeschütze; hier arbeitete 
der Widder gegen bie Mauer, dort schickte sich der Soldat an, die 
Leiter zu besteigen. Die Belagerten bagegen schlenberten Geschosse, 
Steine, im Feuer gehärtete Pfähle unb Feuer; zuweilen machten 
sie einen Ausfall unb stritten Mann gegen Mann. Beiberfeits warb 
mutig gefochten; bie einen machte ihr Unternehmen, bie anbeten 
bie Gefahr beherzt. 
Eines Tages, als beibe Teile, von Streit unb Hitze mübe, um 
die Mittagszeit bet Ruhe pflegten, unb, wie bas Glück es wollte, 
nicht einmal ein Wächter feinen Dienst wahrnahm, näherte sich einer 
von ben Schilbknappen ber Mauer, um Pfeile zu sammeln. Wie er 
nun Mauer unb Schutzwehren unbesetzt sah unb mit aufmerksamen, 
lauschenben Ohren sich überzeugt hatte, baß brinnen keiner in ber 
1) Der Verfasser hat die Feldzüge Heinrichs gegen Rom in den Jahren 1081, 
1083 und 1084, mit Weglassung des von 1082, in einen zusammengezogen. In 
Wirklichkeit wurde die Stadt von Heinrichs Truppen ununterbrochen von 1081 — 1084 
belagert.
	        
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