Full text: Der Abt von Amelunxborn (Bd. 1)

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gegen ihn werden, er hätte ihn vielleicht gar wieder 
lieben können; aber jetzt ! Nicht allein durch¬ 
kreuzte der Prinz durch seine eigenmächtige Abreise von 
Löwen alle Pläne des Vaters, sondern er hatte jetzt sogar 
durch sein unbegreifliches Vorgehen den Verdacht auf 
sich geladen, ketzerischer Lehre anzuhangen, und das allein 
schon galt in den Augen des Herzogs als ein todes¬ 
würdiges Verbrechen. 
Die Stimmung des Gebieters konnte im Schlosse 
von Wolfenbüttel nicht lange verborgen bleiben; ängstlich 
wichen die Diener ihm aus, denn es war nicht geraten, 
dem Herzog in den Weg zu treten, wenn er grollte. 
Aber es wurde auch nur zu bald bekannt, welches die 
Ursache seines Unmutes war, und da glaubten denn viele 
niedere Geister, sich seine Gunst zu erschmeicheln, wenn 
sie ebenfalls dem Prinzen, dessen Ankunft stündlich er¬ 
wartet werden konnte, unfreundlich begegneten. 
Unbekümmert um das Ungewitter, das über seinem 
Haupte sich zusammenzog, eilte indessen Prinz Julius dem 
väterlichen Schlosse zu. Er mochte noch immer die Hoff¬ 
nung nicht aufgeben, daß sich noch alles zum Guten 
wenden werde, obgleich die Unterredung mit dem Abt 
Andreas diese Hoffnung sehr herabgemindert hatte. Als 
er aber aus den Schloßhof trat, konnte er es schon inne 
werden, daß es dem Abt Lambert nur zu wohl gelungen 
war, ihm das Herz des Vaters noch mehr zu entfremden. 
Wenn sonst die Dienerschaft, sobald ein vornehmer Gast 
durch das Schloßportal ritt, eiligst herbeikam, die Zügel 
des Pferdes zu ergreifen und es zu halten, rührte sich 
jetzt niemand von der Stelle, um ihm, dem Prinzen, 
diesen Dienst zu erweisen, und es bedurfte seines Zurufes, 
um endlich einen der Diener zu bewegen, das Pferd in 
den Stall zu führen. Als er dann in das Schloß ein¬ 
trat und unangemeldet geradeswegs in die Zimmer seines 
Vaters gehen wollte, kam ihm sein ältester Bruder 
Magnus entgegen. Julius eilte auf ihn zu, in der Ab¬ 
sicht, ihn brüderlich zu begrüßen; aber Magnus wich 
ihm aus. Da flammte jähe Zornesröte auf in dem Ge-
	        
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