Full text: Der Abt von Amelunxborn (Bd. 1)

— 56 — 
zu thun, wenn er ihn mit ausreichenden Geldmitteln 
versah, um in der berühmten niederländischen Universitäts¬ 
stadt als ein Prinz aus dem Hause Braunschweig aus 
treten zu können; im übrigen aber bekümmerte er sich 
wenig um ihn. War ihm doch bereits vom Kaiser eine 
Domherrnstelle für den Sohn zugesagt — und hatte 
Julius die erst inne, so konnte es, bei seiner hohen Ge¬ 
burt, nicht fehlen, daß er auch bald einen bischöflichen 
oder wohl gar erzbischöflichen Stuhl bestieg. Das war 
genug für einen Prinzen, den ein körperliches Uebel, wie 
der Vater glaubte, verhinderte, jemals die Waffen zu 
tragen. Freilich schließt ja die römische Kirche nach 
altem Herkommen alle diejenigen, die körperliche Gebrechen 
haben, von den höheren kirchlichen Weihen aus; aber 
wann jemals hätte diese Kirche nicht Ausnahmen gemacht, 
wenn es sich darum handelte, den Mächtigen zu Ge¬ 
fallen zu sein und dadurch das Ansehen der Kirche zu 
heben? 
Bei diesem ganzen, so klug ausgedachten und so 
wohl vorbereiteten Plane des Herzogs Heinrich war nur 
zu bedauern, daß einer da war, der im Grunde des 
Herzens demselben widerstrebte, wenn er bis jetzt auch 
noch nicht gewagt hatte, sich zu widersetzen, und das war 
kein geringerer als Prinz Julius selbst. Mit Wider¬ 
willen betrieb er die ihm aufgezwungenen Studien; der 
Gedanke, ein Pfaffe werden zu müssen, war ihm uner¬ 
träglich. Ihn verlangte vielmehr nach ritterlichen Uebungen, 
zu denen er sich 'kräftig genug fühlte. Konnte er auch 
leider seine Füße nicht so gebrauchen, wie er wohl wollte, 
so war er doch ein ganzer Mann, sobald er ein Pferd be¬ 
stieg. Der Hauptgrund seiner Abneigung gegen das geist¬ 
liche Studium jedoch war, daß in seinem Herzen Zweifel 
an der unbedingten Wahrheit der Kirchenlehre entstanden 
war. Der Zufall hatte ihm die Schriften Luthers, Me- 
lanchthons und der übrigen Wittenberger Reformatoren in 
die Hände gegeben; er hatte das, was er dort gefunden, 
mit den Worten der Bibel verglichen, und jemehr er über 
diese ernsten Dinge nachsann, desto mehr wurde es ihm
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.