Full text: Der Abt von Amelunxborn (Bd. 1)

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schweizer sein müssen, wenn er nicht gehangen hätte an 
der Scholle, wo er geboren! 
Julius verhehlte es sich nicht, daß es ein gewagtes 
Unternehmen für ihn war, wenn er ohne Wissen und 
Willen des Vaters von der Hochschule zurückkehrte an das 
väterliche Hoflager. Der Herzog hatte sich so ganz und 
gar mit dem Gedanken vertraut gemacht, seinen jüngsten 
Sohn einst in einer hohen kirchlichen Stellung zu sehen, 
daß er jeden Widerstand, der der Ausführung dieses Planes 
sich entgegenstellte, brechen würde. Doch Julius wußte, 
daß ein Ritter dem ritterlichen Vater lieber war als ein 
Priester, und hierauf baute er seine Hoffnung. Er fühlte 
Kraft in seinem Arm und Mut in seiner Brust, und 
wenn er nun vor den Vater hintrat und ihn bat: „Gieb 
mir, mein Vater, wie meinen Brüdern ein Pferd zum 
Reiten und ein Schwert zum Fechten, ich will mit Dir 
ins Feld ziehen und Deine Feinde schlagen helfen," wer 
weiß, ob dann nicht der finstere Herzog sich sogar freute 
über den Entschluß des Sohnes, der durch die That be¬ 
wies, daß das Blut des tapferen Löwen auch in seinen 
Adern floß? 
Es war im November des Jahres 1551. Der Herbst 
hatte Einzug gehalten in das Land, die Bäume standen 
entlaubt, ein kalter Wind wehte über die kahlen Felder, 
und die Hohen des Solling zeigten sich gar schon mit einer 
weißen Schneehaube bedeckt. Zwei einsame Reiter zogen 
auf der breiten Landstraße dahin, die von Höxter nach 
Holzminden führt. Das welke Laub der Bäume, 
die den Weg nach dem alten berühmten Kloster Korvey 
an beiden Seiten umsäumten, rauschte unter den Huftritten 
der Pferde, und durch die reine, klare Herbstluft zog eine 
Reihe von Kranichen dem Süden zn, krächzend und 
schreiend wie die wilde Jagd, wenn Hackelbernt zur Nacht¬ 
zeit mit den Seinen zum gespenstischen Waidwerk zieht. 
Jetzt war die alte Benediktinerabtei Korvey erreicht. 
Schlank ragten die Türme der Klosterkirche in die Lust, 
vergoldet von den Strahlen der Herbstsonne, die schon die 
Mittagshöhe überschritten hatte. Nachdenklich ruhten die
	        
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