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das die mitleidigen Landsknechte ihnen in Negenborn ver¬
schafft hatten. Die Alte hatte ihr Leid, wie es schien,
bereits vergessen, und sie schaute vertrauensvoll auf den
Abt und den Prinzen; Kaspar dagegen saß in sich zu¬
sammengesunken aus seinem Strohbündel und murmelte
unverständliche Worte vor sich hin. Ihm schien es gewiß
zu sein, daß es ihm jetzt an den Kragen gehe, denn er
hatte alte Sünden aus dem Kerbholz; vielleicht war es
auch das böse Gewissen, das ihn schlug, wenn er an die
Nacht gedachte, als Diedrich von Quitzow als ein Hülfe-
suchender in seiner Hütte eingekehrt war. Der Abt er¬
teilte den Knechten kurz seine Befehle, wie sie für die
Nacht die beiden Alten und die Landsknechte unterbringen
sollten; dann nahm er den Arm des Prinzen und sagte:
„Nun kommt mit mir in den Remter, daß Ihr Euch dort
erquicken möget an Speise und Trank. Es ist vor
einigen Tagen ein feister Rehbock eingebracht worden, und
der Bruder Küchenmeister versteht sich darauf, Rücken
und Keulen eines so edlenfTieres würdig zuzubereiten.
Während des Mahles wird einer der Brüder uns ein
Kapitel aus der von mir ausgezeichneten Chronik vorlesen,
und ich hoffe, die Geschichte wird Euch ein wenig zer¬
streuen und Euren Gedanken wenigstens zeitweilig eine
andere Richtung geben. Die Nacht seid Ihr mein
Gast im Kloster, und morgen mögt Ihr dann in Gottes
Namen Eure Reise nach Wolfenbüttel fortsetzen."
VIII.
Das Abendgebet im Kloster von Amelunxborn war
gesprochen. Auch Prinz Julius hatte demselben beigewohnt,
und nun begab er sich in Begleitung des Abtes in ben
geräumigen Remter, wo sich bald auch die Brüder sammel¬
ten und an den aufgestellten Tischen ihre Plätze einnahmen.
Vor jeden Bruder stellte der Bruoer Kellermeister einen
Krug Bier und neben denselben legte ein Diener ein Stück