2 I. von der Restauration zur Recolution.
auf diesem Umwege zu einer staatlichen Einheit zusammen¬
zuschweißen , war die weitere Hufgabe der liberalisierenden
Bureaukratie. Um diesen Sonderzweck sicherer zu erreichen,
tat man in Süddeutschland noch einen weiteren Schritt: man
führte eine für den ganzen Staat gemeinsame Verfassung
und parlamentarische Vertretung ein, ohne daß jedoch die
Bureaukratie die tatsächliche Macht sich entwinden ließ.
So herrschte, in Österreich, Preußen und den Nord¬
staaten unverhüllt, in Süddeutschland durch den Scheinparla¬
mentarismus etwas verdeckt, in patriarchalischen Formen
wieder der aufgeklärte Absolutismus wie zur Seit Friedrichs
des Großen. Der gewaltige Schwung nach nationaler und
geistiger Befreiung und politischer Betätigung hatte sich zum
Teil erschöpft, zum Teil war er gebrochen. Die wach¬
gewordene (Energie trat aber ihren Siegeszug auf anderen
Gebieten an, auf denen ihr Polizei und Zensur weniger
hinderlich werden Konnten. Dazu ließ die politische Muße,
welche durch die häufig aufflackernden Putsche einzelner und
kleinerer Gruppen nicht unterbrochen wurde, Zeit zur Selbst¬
besinnung.
Das 18. Jahrhundert noch hatte geglaubt, daß die
menschliche Vernunft nicht nur alle Dinge erkennen könne,
sondern auch das Normengebende für den Menschen sei.
vernünftig ist, so meinte man, was durch logisches Denken
gefunden wird; das vernünftige ist daher nicht nur das Natur¬
gemäße, sondern auch das allein Berechtigte, und zu seiner
Durchführung hat jeder das Recht und die Pflicht, ohne daß
er auf das geschichtlich Gewordene Rücksicht zu nehmen
braucht. Der Mann also, der am klarsten die Dinge und
die sie verbindenden Kräfte erkennt und durch die (Erkenntnis
beherrscht, l’homme raisonnable, wie Friedrich der Große
ihn gerne nennt, das ist der große Mann, der die Welt
nach seinen der Vernunft entsprechenden Plänen umzugestalten
vermag. Den größten Herrscher in diesem Sinne hatte der
Rationalismus auch hervorgebracht, Napoleon, der die