39. Die farbigen Totster im Münster. 
Im Münster herrscht nicht das grelle Licht des Tages, sondern die 
sanfte Dämmerung, die zur Andacht stimmt. Das kommt von den bunten 
Gläsern, mit denen ringsum die Fenster ausgefüllt sind. 
Auch hier müssen wir wieder unterscheiden lernen. Nicht alle bunten 
Fenster sind aus derselben Zeit. Und gerade das macht die Fenster un¬ 
seres Münsters besonders wertvoll. Nur wenige Kirchen und Dome haben 
einen so lehrreichen und so prächtigen Schatz an Glasgemälden, wie unser 
Münster. Darum sollen wir aber auch dankbar sein und sie fleißig be¬ 
trachten. 
Zuerst müssen wir wissen, wie die Fenstermalerei entstanden ist. 
Früher, als das Glas noch selten war, oerhing man die Fenster mit bunten 
Vorhängen. Später, als die Kuust des Glasbereiteus allgemeiner wurde 
und mau anch farbige Gläser zu machen wußte, da bildete mau die ge¬ 
wirkten Vorhänge nun in buntem Glase nach. Und so sehen denn die 
alten Fenster aus wie sarbenglühende, lenchtende Teppiche. Du wirst nun 
gleich bemerken, wenn du die Fenster ansiehst, daß sie an vielen Stellen 
mit allzuhelleu dünnfarbigen Gläsern geflickt sind. Besonders ausfallend 
wirken hellviolette und gar weiße Einsatzstücke. Das sieht aus, wie wenn 
die gläsernen Teppiche an diesen Stellen fadenscheinig wären. Und das 
sind sie mich tu gewissem Sinne. Die Fenster sind nämlich vielfach schad¬ 
haft gewesen und nicht immer gut wiederhergestellt worden. 
Die ältesten Glasgemälde sind im rechten Seitenschiffe hinten im 
ersten Fenster. Die zwei heiligen Frauen, die darauf abgebildet sind, 
zeigen merkwürdig ernste, hagere Formen. Diese Fenster stammen noch aus 
spätromanischer Zeit und sind gegen 700 Jahre alt. 
Die meisten anderen Fenster im Langhaus, besonders die beiden 
über den Seitentüren rechts und links, stellen dagegen die schönsten Muster 
gotischer Glasmalerei dar und sind zwischen 400 und 600 Jahre alt. 
Wirklich wie prächtige Teppiche mit vielen, in wunderbaren Farben ein¬ 
gewobenen Bildern leuchten sie sanft auf den Beschauer nieder. Dazwischen 
findest du, wenn du genau hinsiehst, manchmal eingesetzte Figuren aus 
ganz neuer Zeit. Diese sind weniger teppichartig, sind mehr gestaltet, wie 
man sonst ein Menschenbild malt, aber ihre Gesamtwirkung ist nicht so 
angenehm wie die der alten Bilder. Schau dir nur einmal die Evange- 
listcnfignren im Fenster über dem steinernen Herzog an und vergleiche 
dann dieses Gemälde in seinen Farben mit den Fenstern über den beiden 
Seitentüren. Da wird dir der Unterschied viel klarer als durch lange 
Beschreibung. 
Die Fenster der kleinen Alezanderkapelle sind nun wieder ganz 
anders geartet. Aber sie sind von besonderer Schönheit und sind von dem 
Maler, der auch den Hochaltar gemalt hat, Haus Baldung. Sie sind 
fast gar nicht farbig, sondern mehr nur wie eine schwarze seine Strich-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.