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daher Bittgänge und öffentliche Gebete um den so dringend ersehnten
Frieden veranstaltet.1)
In Paris konnte man den Verlust eines so wichtigen Platzes wie
Freiburg nicht verschmerzen. Es wurden daher alle Anstrengungen gemacht,
es wieder zu gewinnen und bei den begonnenen Friedensverhandlungen
als Gewicht in die Wagschale zu werfen. So kam es, daß gerade das Jahr
1 648, in dem der langersehnte Friede endlich geschlossen wurde, für
unsere Vaterstadt nochmals ein sehr kriegerisches wurde. Am 1. Juni
begann eine neue Belagerung durch Franzosen und Weima¬
raner, die bei Haslach ihr Hauptlager hatten. Glücklicherweise wurden
die Bewegungen der Feinde durch fortwährende Regengüsse, welche die
Ebene tagelang in einen großen See verwandelten, sowie durch häufiges
Ausreißen von Soldaten so gehemmt, daß sie sich nicht einmal auf dem
oberen Schloßberg dauernd festsetzen konnten. Am Fronleichnamstag
wagten es zwei Steinmetzen, wie alljährlich, die höchste Spitze des Münster¬
turms zu erklettern, um den Stern zu reinigen. Wie zum Hohn feuerten
sie von dort ihre Pistolen in der Richtung gegen den Feind ab.
Am Johannistag (24. Juni) zogen die Belagerer wieder ab. Und wenn
auch die Unsicherheit immer noch fortdauerte, so kann man den Einwohnern
doch den Jubel nachfühlen, mit dem sie Gott dankten, bei dieser, wie sie
hoffen konnten, letzten Belagerung so glimpflich weggekommen zu sein.
Der am 24. Oktober abgeschlossene westfälische Friede erfüllte denn
auch jene Hoffnung.
So hatte die unglückliche Stadt innerhalb 17 Jahren nicht weniger
als fünf Belagerungen ausgehalten und siebenmal ihren Herrn
gewechselt. Wahrlich kein beneidenswertes Schicksal, wenn man alles
in Betracht zieht, was solche kriegerischen Wechselfälle mit sich bringen,
Armut, Krankheit, Hungersnot, Verwüstungen, Mißhandlungen u. a. m.!
Die Folgen des langen unseligen Krieges waren, wie für unser
großes deutsches Vaterland, so auch für unsere Stadt und den Breisgau,
nicht so schnell überwunden. Haben doch manche Gegenden Deutschlands
Jahrhunderte gebraucht, bis der frühere Wohlstand wieder erreicht war.
Felder und Weinberge waren auf lange verdorben, die Wälder verwüstet,
die Stadt selbst entvölkert — kaum ein Fünftel der Bewohner noch übrig —,
verschuldet und verarmt. Noch zwei Jahre lang dauerte der Kriegszustand
mit seiner ganzen Härte fort. Schweden und Franzosen hausten unter dem
Vorwand, daß die Kriegsentschädigungen noch nicht bezahlt seien, ungestört
in der Umgegend weiter und nahmen das Wenige, was noch da war, mit
rascher Hand weg. Waren doch alle Truppen jener Zeit auf großen Sold
und reiche Beute hin zusammengeworben worden, so daß Kämpfen, Rauben
und Plündern ihr Handwerk geworden war und ihnen der Frieden gar nicht
gelegen kam. Zu aller Armut und aller Not aber hatten sich Unordnung,
') Bemerkt zu worden verdient, dass man 1646 wieder zum erstenmal seit langer Zeit
eine öffentliche Fronleichnamsprozession durch die Strassen der Stadt zu halten wagte.