Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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Zur Bestreitung des Aufwandes nm Hofe geschöpft werden konnten. Ungeheure 
Summen flössen aber in die Tasche Wartenbergs und seiner Kollegen, der 
Grafen Wittgenstein und Wartensleben. Ties dreifache W, wie das Volk spott¬ 
weise die hohen Diener Friedrichs nannte, hat dnrch die großartigsten Betrüge¬ 
reien die Steuerkraft des Volkes fast bis zur Erschöpfung ausgenutzt. Die 
Machthaber beriefen ihre Kreaturen in wichtige Hos- und Staatsämter, darunter 
auch tüchtige Kräfte, die unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. im Amte 
blieben. Der erfindungsreiche Wartenberg wußte die Hoffeste immer glänzender 
zit gestalten, neue Lustschlösser wurden erbaut, neue Prachtgärten angelegt, 
©egen 120 000 Thaler bezog Wartenberg jährlich für die Verwaltung der ihm 
übertragenen Ämter; auf ehrliche und unehrliche Weise brachte er ein Vermögen 
von mehreren Millionen zusammen. So fest hatte er sich in der Guust des 
Kurfürsten eingenistet, daß dieser ihn von aller Verantwortlichkeit für die Ver¬ 
waltung entband, Niemand wagte es, dem König die Angen zn öffnen. Ein 
Versuch wurde durch die teuflische Schlauheit des Wartenberg vereitelt. Die 
kühnen Männer, welche den Versuch unternahmen, hohe Würdenträger, mußten 
schwer büßen. Die treulosen Beamten wirtschafteten weiter, und der König 
lebte des Glaubens, daß sein Volk sich glücklich fühle. 
Endlich schlug die Stunde der Vergeltung. Wittgenstein wurde als Staats¬ 
verräter entlarvt, zur Zahlung von 24 000 Thalern verurteilt und des Landes 
verwiesen. Dann erhob der Kronprinz Friedrich Wilhelm selbst die Anklage 
gegen Wartenberg. Dem Könige gingen die Augen auf. Wartenberg wurde 
aller Ämter enthoben und erhielt seine Entlassung. Demütig und unter Thrä¬ 
nen verabschiedete er sich bei dem Könige, die Heuchelei so weit treibend, daß 
der gutmütige Fürst ihm noch einen Ring schenkte als Zeichen des Mitgefühls. 
xSn Frankfurt a. M. nahm er nun feinen Wohnsitz. Damit er nicht zum Ver¬ 
räter großer Staatsgeheimnisse würde, erhielt er sogar noch auf den Rat der 
feine Habsucht kennenden Staatsbeamten ein Jahrgehalt von 24 000 Thalern, 
das er jedoch nur ein Jahr genoß, da er schon 1712 starb. 
5. Erhebung Preußens zum Königreich. 
William Pierson, Preußische Geschichte. 1. Teil. 5te Aufl. Berlin 1889. 
Den hohen Aufschwung, den die hohenzollernsche Monarchie unter dem 
©r'oßen Kurfürsten genommen, wollte der Nachfolger auch seinerseits um ein 
Bedeutendes fördern. Friedrich III. suchte dies in der Richtung, wohin ihn 
Anlage und Neigung trieben. Er lebte für Glanz und äußere Würde; darin 
hat er denn auch dem Staate seine einzige große That geleistet: er erhob ihn 
zum Königreich. 
Sein Haupt mit der Königskrone zu schmücken, das war ihm längst als 
höchstes und würdigstes Ziel erschienen. Dahin spornte ihn anch das Beispiel 
anderer Herrscher.
	        
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