König Friedrich IIV der Große.
1740—1766.
Pro gloria et patria.
1. Friedrichs des GroHen Regierungsantritt.
Ludwig Häusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs d. Gr. bis zur Gründung des
deutschen Bundes. 1. Band. Berlin 1854.
Der junge Monarch, der 1740 aus Friedrich Wilhelm I. folgte, war durch
eine herbe Schule des Lebens hindurchgegangen, ehe er den preußischen Thron
bestieg. Tie despotische Strenge und Einseitigkeit des Vaters hatte sich schon
in der ersten Erziehung des Prinzen vergriffen; sie wußte weder einem so
regen Geist die rechte Nahrung zu geben, noch das Gemüt des Knaben mit
kindlichem Vertrauen zu erfüllen. Während Friedrich Wilhelm den Sohn vor
allem zum sparsamen Haushalter und zum Soldaten heranziehen wollte, fühlte
sich des Prinzen feinere Natur von der Monotonie der Paraden und des Exer¬
zierens gelangweilt; wo dem Vater die Freuden der Jagd und feines Tabaks-
kolleginms genügten, da zog es den Sohn zn höherer Nahrung unb zu geistigem
Umgang, und während Friedrich Wilhelm die altvaterische Schlichtheit und
Gläubigkeit hoch hielt, schien sein Sohn zu Pracht und Freigebigkeit hinzuneigen
oder fühlte sich angezogen von der französischen Bildung unb Sitte, bie der
Vater verabscheute. Wie es nicht selten im Leben geschieht, verstanden sich zwei
in ihrem Kreise tüchtige Naturen einander nicht, sondern gingen, da sie beide
zäh und eigensinnig waren, in feindseliger Erbitterung auseinander. Ter König
übersah, daß es noch eine andere Welt gebe, als die des Exerzierplatzes und
der Kanzlei; der Kronprinz vergaß, daß hinter dem rauhen Ernste des Vaters
die Biederkeit alter deutscher Sitte und eine ehrbare Zucht verborgen war, die
der neuen vornehmen Weltbildung fehlte. Und doch konnte man sagen, daß
jeder dieser beiden Männer den andern ergänzte; Preußen wäre nie geworden,
was es geworden ist, wenn nicht Friedrich den starren Formen seines Vaters
Leben und Geist eingehaucht hätte; aber auch Friedrich wurde erst zu dem,