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L>ophistik und seiner Oberflächlichkeit, die sich hinter eine große Belesenheit zu
verstecken suchte, in Berlin sogar bei denjenigen Unwillen, welche anss heftigste
gegen das Alte stritten, und diese verbanden sich daher, um deutschen Ernst
gegen französische Leichtfertigkeit und Seichtigkeit in Schutz zu nehmen.
5. Beginn des siebenjährigen Krieges.
Ernst Berner, Geschichte des preußischen Staates. München und Berlin 1891.
In unseren Tagen erst ist die historische Forschung über die Politik, die
König Friedrich II. nach dem Dresdener Frieden beobachtete, zu einem ab¬
schließenden Urteil gelaugt, erst in. unseren Tagen sind die Ursachen, die den
Krieg der sieben Jahre heraufbeschworen, durch die Veröffentlichung des po¬
litischen Briefwechsels des Königs klar gelegt worden. Mit überwältigender
Gewißheit ergiebt sich daraus vornehmlich das eine: Der leitende Gesichtspunkt
des Königs ist die Aufrechterhaltung des Friedens. Für den Frieden ist ihm
kein Preis zu hoch, kein Mittel zu gering. Das widerspricht zwar der weit¬
verbreiteten Ansicht, die fein Geringerer als der Graf von Hertzberg, der in
den letzten Jahren Friedrichs Minister war, begründet hat, und nach der die
Höfe von Wien, Petersburg und Versailles die Zerstückelung Preußens nur für
deu Fall eines von Friedrich unternommenen Angriffes beschlossen hätten. Kein
Geringerer aber als König Friedrich trägt gewissermaßen und insofern selbst
die Schuld daran, als er in seinen Geschichtswerfen diesen Zeitraum mit Still¬
schweigen übergeht. Aber er übergeht ihn, nicht weil er Grund hatte, seine
Politik dem Urteil der Nachwelt zn entziehen, sondern, wie er von seinem er¬
habenen Standpunkt aus schreibt, „weil politische Intriguen, wenn sie zu nichts
führen, nicht mehr Beachtung verdienen, als die kleinen Neckereien in der Ge¬
sellschaft, und das Detail der inneren Verwaltung keinen hinreichenden Stoss
für die Geschichtschreibung bietet" — „weil die Geschichte nur aufnehmen soll,
was aufbehalten zu werden verdient." Denn das freilich konnte Friedrich nicht
voraussehen, daß nicht nur der Feiud seines Staates, sondern der Feind im
-eigenen Lager seine Stimme gegen ihn erheben, und daß die Sucht, den größten
Fürsten in seinen militärischen wie politischen Maßnahmen zn verkleinern und
herabzuziehen aus das Gebiet der Alltäglichkeit, während eines vollen Jahr¬
hunderts die Wahrheit uuterbiudeu uud in Fesseln schlagen würde. Das Volk,
das preußische wie das deutsche, umjubelte den König, feierte ihn als „den
Großen" — denn wie sollte es nach all den Jahren deutscher Schwäche, deut¬
scher Unterwürfigkeit es nicht fühlen, daß aus den Gebeinen des Großen Kur¬
fürsten ihm ein neuer Retter entstanden fei, dessen gewaltiger Arm dem deut¬
schen Namen wieder Achtung, ihm wieder Luft uud Licht verschaffte? Aber
vor dem Richterstuhl der Geschichte sind fast nur Friedrichs Feinde zum Wort
gekommen.