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Wunden, die ihm der überstolz gewordene Preuße geschlagen hatte. Durch den
politischen Frieden konnte der Friede zwischen den Gemütern nicht sogleich her¬
gestellt werden. Dieses aber sollte gedachtes Schauspiel im Bilde bewirken.
Die Anmut und Liebenswürdigkeit der Sächsinnen überwindet den Wert, die
Würde, den Starrsinn der Preußen, und sowohl an den Hauptpersonen als den
Subalternen wird eine glückliche Vereinigung bizarrer und widerstrebender
Elemente kunstgemäß dargestellt.
19. Friedrich der Grohe als Nrichsfürst und Körrig.
L u d m. Häusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs d. Gr. bis zur Gründung des
deutschen Bundes. 1. Band. Leipzig 1861.
Mit Friedrich II. kam eine ganz neue Richtung in die gesamte europäische
Politik; die alte absolute Monarchie ward durch eine neue verdrängt. Gegen¬
über dem bekannten l’etat c’est moi tauchte hier ein Königtum ans, das sich
uls den ersten Diener des Staates betrachtete, das, getreu der Tradition der
hohenzollernschen Vorfahren, den Wohlstand des Landes förderte, nicht die Ver¬
armung, das die Duldung der Meinungen und Glaubensformen auf seine Fahne
schrieb, nicht deren gewaltthätige Unterdrückung. Wie das Versailler Königtum
und seine Nachbeter den Wert der Monarchie im äußeren Prunke gesucht, so
war hier weise Selbstbeschränkung und Einfachheit oberster Grundsatz; wie man
dort im Scheine, zuletzt im leeren Pathos sich verloren, so war hier ans das
Wesen, auf die schlichte Prosa und Wahrhaftigkeit der Dinge alles berechnet.
Wie dort orientalische Verweichlichung und weibisches Wesen den Thron und
Hof umgab, so überwog hier die strenge, männliche Erscheinung eines Helden¬
königs, der. um mit Fürst Kaunitz zu reden, wie kaum ein zweiter in der Ge¬
schichte, den Thron und das Diadem geadelt hat.
Diese neue Art des absoluten Königtums, die schon in dem Großen Kur¬
fürsten sich angekündigt, aber in Friedrich erst ihren genialen und vollendeten
Ausdruck gefunden, wirkte umgestaltend ans die ganze damalige Geschichte. An¬
sangs mit Widerwillen, ja mit dem bitteren Hasse betrachtet, den das Gefühl
eigener Nichtigkeit erzeugte, aber gefürchtet, zuletzt bewundert auch von denen,
deren Haß unvermindert blieb —- so wurde er das europäische Vorbild eines
neuen Königtums, das dem persönlichen Wert der Monarchie eine neue Weihe
gab, aber auch die Aufgabe und die Ansprüche an das Königtum außerordent-
lich steigerte. In den meisten Ländern Europas, in großen wie in den kleinsten,
mit Glück oder Unglück nachgeahmt, nicht selten karikiert, ward Friedrich nicht
nur das gültige Muster eines neuen Königtums, sondern zum Schaden der
Mittelmäßigkeit zugleich der populäre Maßstab königlichen Wertes und Ver¬
dienstes.
So fest und unbeschränkt Friedrich das Steuer des Staates führte, es sind
doch überall durch ihn die Überlieferungen von der alten königlichen Gewalt