Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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quellen gewährleistet sei. Noch weniger der Rechtfertigung als der 
Talmud bedürften die Bücher kabbalistischen Inhalts, da sie die Päpste 
als dem christlichen Glauben förderlich erkannt und ihre Übersetzung ins 
Lateinische begfinstigt hätten. Ihnen ferner die Kommentare zu den 
Büchern der heiligen Schrift zu nehmen, wäre überaus töricht, da sie 
die besten Vorarbeiten für die christlichen Ausleger seien. Was endlich 
ihre Gebet- und Predigtbücher angehe, so gebe es keinerlei Rechtsgrund, 
sie ihnen zu entreißen, weil ihnen von den Kaisern freie Religionsübung 
zugesichert sei. Das Gutachten rief bei den Dominikanern und ihren 
Anhängern eine ungeheure Erbitterung hervor, und jahrelang erregte 
der Streit in Deutschland heftig die Gemüter. Er endete schließlich 
mit dem Siege der Aufklärung, indem der bildungsfreundliche Papst Leo X. 
aus dem Hause der Mediceer den Talmud in Italien zu drucken er- 
erlaubie. Diese erfreuliche Tatsache war das einzige Ergebnis des. 
Kampfes, welches unmittelbar in das Leben der Juden eingriff. Sonst. 
wurde der ganze Streit um ihre heiligen Bücher über ihre Köpfe hin- 
weg geführt. 
Verfolgungen in Süd- und Mittel-Deutschland und in der Mark 
Brandenburg. Die Liebe zu ihren Schriften hat übrigens die allgemeine Ge- 
sinnung gegen sie nicht im mindesten geändert. Sie blieben viclmehr während 
des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts überall sowohl in den 
katholischen als in den protestantischen Ländern der Willkür der Fürsten 
und Reichsstädte ausgeseßt. Der ritterliche Kaiser Maximilian war 
troß seines geraden und gerechten Sinnes nicht im stande, die Be- 
drückten überall nach Gebühr zu schütten, und konnte es nicht hindern, 
daß sie immer wieder bald hier, bald dori den schrecklichen Anklagen 
des Chrisstenmordes, der Gotteslästerung und Hostienschändung zum 
Opfer fielen. Große Gemeinden, wie die von Magdeburg (1492), 
Ulm (1498), Nördlingen (1506) und Regensburg (1519), wurden 
damals wegen solcher gehässiger Beschuldiqungen ausgetrieben. Entsetz- 
licheres litten die Juden in der Mark Brandenburg, woselbst der 
fanatische Kurfürst Joachim I. im Jahre 1510 achtunddreißig Unschuldige 
foltern und verbrenuen ließ, weil sie bezichtigt waren, eine Hostie ge- 
stohlen und geschändet zu haben. Vergeblich trat bei diesem travrigen 
Vorgang ihr einziger Beschüßer und Verteidiger für sie ein. 
Der große ,„Fürsprech‘’ Josel von Rosheim. Der gelehrte R. Josel 
ben Gerson Loans aus Rosheim im Elsaß, welchen die Juden unter 
der Bezeichnung R. Joselmann von Rosheim als ihren „großen 
Fürsprech“ schlechthin rühmten, galt mit obrigkeitlicher Zustimmung wohl 
ein halbes Jahrhundert hindurch als ihr Befehlshaber, Vogt und 
Anwalt und vertrat ihre Angelegenheiten, wann und wo immer es not 
tat, im kaiserlichen Hoflager nnd auf den Reichstagen mit gewandter 
Beredsamkeit, mit warmem Herzen und reich gefüllter Hand. Nach
	        
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