Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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schlossen'? Tod) da stört ihn der Hufschlag von Rossen aus seinen Betrachtungen 
aus: zwei Reiter sprengen auf der Leipziger Landstraße von Berlin her auf 
ihn zu. Als sie näher gekommen sind, erkennt er in ihnen zwei Freunde, die 
mit ihm draußen im Reiche eine ganze Weile umhergezogen sind, aber seit ge¬ 
raumer Zeit schon wieder die Heimat aufgesucht haben. Sie haben sein Kommen 
erfahren und sind ihm entgegengeeilt. Nachdem die Arende des Wiedersehens 
ausgekostet ist, wenden alle drei ihre Pferde der Stadt zu. Den Schützenplatz 
von Cöllu zur Linken lassend, durd) Felder und Gärten, an Scheunen und den 
wenigen Häusern der Leipziger Vorstadt vorüber sprengen sie der Befestigungs¬ 
linie zu, die fich mit ihren Erdwällen und Gräben, Pallisaden, dreizehn Bastio¬ 
nen und einem Hornwerf um die Residenzstadt zieht. Über das Glaeis durch 
eine Pallisadeureihe reitend und dann auf einer hölzernen Aufzugsbrücke den 
Festungsgraben überschreitend, gelangen sie an das prächtige Leipziger Thor.*) 
Hier schildert ein kurfürstlicher Musketier, ein Accisebeamter tritt auf die 
Reitenden zu und mustert den Paß des Fremden. Derselbe ist in guter Ord¬ 
nung ; so darf nun Fuchs die heimische Stadt wieder betreten. 
Die Reiter wenden sich rechts am Walle entlang. Ta blickt ihnen das 
St. Gertraudenstift mit seinen Linden, seinem Kirchhofe, den platten Grabsteinen 
und den hölzernen Grabtafeln entgegen. Doch weiter geht’s aus hölzerner 
Zugbrücke über deu Schleusengraben, an dem gotischen Bau von St. Peter mit 
seinem niedrigen abgestumpften Turm vorüber. Hinter einer Mauer liegen 
die Gräber mit platten Leichensteinen; an den Wänden der Kirche zeigen sich 
einzelne Denkmäler. Das dreistöckige, Mit Turm geschmückte Rathaus von Cöllu 
zur Linken lassend, gelangen die Reiter auf den Cöllnischen Fischmarkt, wo sich 
stattlich und prächtig geschmückt das Haus des alten Kriegshelden Derfflinger 
erhebt. Auf dein Platze selbst stehen um die Fischkübel und die Fleisd)erscharreu 
Cöllnerinnen und Berlinerinnen, um deu Mittagsbedarf zu deckeu. Schon auf 
dem Ritte durch die sonst wenig belebten Straßen haben die Reiter ein leb¬ 
haftes Rennen und Lausen bemerkt, hier strömen schon ganze Scharen über 
den Markt durch die Breite Straße dein Schlosse zu. Verwundert sieht Fuchs 
auf dieses Gewoge; wie war es doch einst in Cölln so still gewesen! Einer 
seiner Begleiter teilte ihm mit, daß eine moskowitische Ambassade heute ihren 
Einzug in die Stadt und das Schloß halte; man vermute, daß sie des Kur¬ 
fürsten Hilfe erbitten solle. Doch den vom Ritte ermüdeten Fuchs drängt es, 
in die Herberge zu gelangen. So geht's denn weiter über den Mühlendamm. 
Wie hat auch hier sich alles verwandelt! Wohl hört man noch das Rauschen 
nordwärts. Nach Westen bildeten einige Bastionen den Abschluß, während die unbefestigte 
Nordseite mit dein Laufe der Spree zusammenfiel. 
*) Dasselbe stand etwa in der Mitte zwischen Spittelmarkt und Hausvogteiplatz in der 
heutigen Niederwallstraße, die mit der Oberwallstraße an dieser Seite deu Zug der Befestiguugs- 
lmie kennzeichnet.
	        
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