84
manches Jährlein dann mit ernsten und großen politischen Aufgaben beschäftigt,
manchmal mußte er gegen seine Feinde zu Felde liegen; da wurden denn auch
seiue Edikte mißachtet. Indessen, sobald der edle Herr wieder mit eigenen
Augen sah, griff er mit bekannter Thatkraft durch. Die Straßen wurden nach
der neuen „Bau- und Gassenordnnng" gereinigt, und vor wenigen Jahren
ward den Bürgern das Mästen der Schweine innerhalb der Stadt ganz unter¬
sagt." „Was haben denn meine lieben Berliner Landsleute zu solcher hollän¬
dischen Sauberkeitsliebe des Kurfürsten gesagt?" unterbricht Fuchs den Bürger¬
meister. „So wie ich sie kenne, wird es ohne Räsonnieren nicht abgegangen
sein." „Da habt Ihr recht," antwortete Schardius, „lange haben die Bürger
über das neue Reglementieren gemurrt; aber die verständigeren unter ihnen
erkennen jetzt doch au, daß der Kurfürst recht gehandelt hat. Erst nach langen
Hin- und Herverhandlungen wurde es ihm möglich, die am Krügel in ver¬
kehrsreicher Gegend befindliche Abdeckerei nach der Heidereutergaste zu verlegen.
Auch auf die (Sauberhaltung der Privatbrunneu und auf die Schonung der
hier und da vor den Thüren stehenden Bäume und der Weiustöcke und Rosen
an den Hauswänden hat sich des hohen Herrn Aufmerksamkeit gerichtet; die
tiefen Rinnsteine sind verschwunden, so ist manches geschehen, um die Gesundheit
der Stadt zu heben. Gleichfalls die Sicherheit der Bewohner wurde von dem
Kurfürsten ins Auge gefaßt; innerhalb der Festungswerke dürfen Scheunen nicht
mehr errichtet werden; freilich noch find nicht alle Schindeldächer, noch nicht alle
leicht gebauten Schornsteine verschwunden, aber die Gefahr großer Feuersbrünfte
ist doch gemindert. Ferner find auch neue SöfchOrdnungen erlassen worden. Die
Bürger find zum Dienste bei den öffentlichen Feuerspritzen verpflichtet; ans den
größeren Plätzen werdet ihr auf hölzernen Schlitten große „Fenertiueu" bemerkt
haben, die bestimmt sind, den Spritzen Wasser zuzuführen; für Feuerleitern und
Hafen ist gesorgt, und jede Haushaltung zur Beschaffung eines Feuereimers
verpflichtet." „Hat nicht die Selbständigkeit der Verwaltung sehr unter diesen
Eingriffen gelitten?" so wendet sich Fuchs fragend an den Bürgermeister.
„Unsere Altvordern waren doch einst so stolz und so eifersüchtig auf ihre selb¬
ständige Verwaltung." „Ohne Zweifel hat die städtische Verwaltung an Selb¬
ständigfeit eingebüßt," antwortet ihm der Bürgermeister mit leichtem Senszer.
„Doch wer mit unbefangenem Blicke die Zeitlage betrachtet, in der unser gnä¬
digster Herr zum Regiment kam, wird eine solche Veränderung nicht unerklärlich
finden. Durch die Wirren des langen Krieges war auch in unserer Stadt die
Thatkraft des Bürgers gelähmt; man ließ eben alles gehen, wie es ging;
konnte nicht bald wieder ein großes Kriegsunglück alles zerstören, was man
schuf? Da fam der neue Herr ans Ruder; Vaterlandsliebe, Thatkraft, Schaffens¬
drang wohnten in feiner Heldenseele. Da trieb es ihn, auch seiner Vaterstadt
aus ihrer Not zu helfen. Nur widerwillig folgten die Bürger feinem Voran¬
gehen: da er stets das Gute fchuf, besam er mehr und mehr auch die Zügel
der Stadt in die Hände. So ist z. B. unsere Steuerverwaltung ganz und gar