Full text: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden (Teil 3)

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Herrn, die Habichts- oder Habsburg, am Ufer der Aare?) Mit 
Jubel begrüßte das Volk die Wahl: „ein Richter war wieder auf 
Erden". Mitsamt feiner Gemahlin Gertrud von Hohenberg, einer 
Verwandten des Hohenzollernhaufes, zog der Gewählte zur Krönung 
nach Aachen?) Große Scharen begleiteten ihn; drei Meilen weit, 
fo berichtet ein Zeitgenoffe, vermochte die Heerstraße fie nicht zu 
fassen. Mit den Bürgern von Aachen holten 20 000 Ritter den Er¬ 
sehnten festlich ein, und in der Stadt herrschte während der Krönungs¬ 
tage eine solche Menschenfülle, daß „ein mäßig großes Brot zwei 
Denare (= 8 Pf.) galt, und der Scheffel Hafer kaum um zehn Denare 
feil war". 
Mit der K ö n i g s w ü r d e hat Rudolf sich begnügt; der er¬ 
blichene Glanz der römischen Kaiserkrone war für ihn ohne Reiz. 
§ 108» Kampf mit König Ottokar. Die feste Hand des neuen 
Herrfchers verspürte alsbald der Böhmenkönig Ottokar. Mit 
rücksichtsloser Gewalt hatte dieser Österreich und dessen Nebenländer 
an sich gebracht; nun verweigerte er dem „armen Grafen" die 
Huldigung. Rasch zur Unterwerfung gezwungen, erhob sich der 
trotzige Böhme abermals; aber auf dem Marchfelde -i p^O 
unweit Wien verlor er Schlacht und Leben. Nur Böhmen 
gab Rudolf dem Sohne des Gefallenen zurück; die ö ft erreicht- 
fchen Lande dagegen, die für das D e u t f ch t u m gerettet waren, 
verlieh er an seine eigenen beiden Söhne. Der Grund zur Macht 
des Hauses Habsburg war dadurch gelegt?) 
§ 109. Walten im Reiche. Schrecken kam über die Raubritter, 
wenn bald hier, bald dort des Königs Rache einen ihrer Genossen 
ereilte. In dem wälderreichen Thüringen, wo sie am zahlreichsten 
hausten, zertrümmerte er sechzig ihrer Burgen; aus dem Markte 
zu Erfurt baumelten an einem Tage gegen dreißig adlige Wege¬ 
lagerer am Galgen. 
Das bedrängte Volk atmete auf und freute sich seines Königs. 
Allerlei erzählte man sich auch von der Schlichtheit seines Wesens: 
wie er einst selber im Feldlager sein graues Wams geflickt, oder wie 
er mit einer Rübe vom Acker feinen Hunger gestillt habe. Und daß 
der König sich einmal von einer keifenden Bäckersfrau zu Mainz 
geduldig vom Feuer der Backstube hatte vertreiben lassen: ei, das 
war zum Lachen und gefiel dem gemeinen Manne. Groß war des 
Volkes Trauer, als die Kunde: „Der König ist tot!" von Speyer aus 
die deutschen Lande durcheilte?) 
Gedicht: Sirnrock, Habsburgs Mauern." 
2) Gedicht: Schiller, „Der Graf von Habsburg." 
3) Gedicht: Görres, „König Rudolf und seine Krieger." 
4) Gedicht: Kerner, „Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe."
	        
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