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Kopfe; ich möchte vor Schrecken zusammenbrechen. . . Was soll ich sagen? Es
liegen ja zwei bewaffnete Franzosen im Keller! — Sag' ich's ihm, dann wer¬
den wir alle niedergemacht: sag' ich's nicht, so muß ich lügen .... Gott er¬
barmte sich meiner in diesem Angenblick. . . Ich bleibe ruhig, schaue ihm sest
ins Auge und sage: „Mein Herr, wenn Franzosen da sind, so kann ich nichts
dafür!" — Er nimmt die Antwort hin, sucht nicht weiter, trinkt wacker draus
los, wird etwas ruhiger und — was ich jeden Augenblick auss neue fürchte —
steigt nicht hinab in den Keller, wo die armen Franzosen bleiben, bis sie den
andern Morgen als Krankenpfleger, mit dem roten Kreuz versehen, wieder zum
Vorschein kommen.
12. Die Schlachten Im Metz.
Th. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich. Berlin 1895.
Ta Mac Mahon, der von Wörth über Zabern schnell nach Saarburg
zurückgegangen war, feine Truppen mit der Eisenbahn nach dem Lager von
Chälons an der Marne führte, fand die dritte Armee, nunmehr durch das
6. schlesische Corps verstärkt, feinen Feind mehr vor sich. Sie rückte ohne
Kamps ans die Saar zu, bis sie Besehl erhielt, über die Mosel nach der Maas
zu gehen. Denn inzwischen hatten die beiden anderen Anneeen Siege erfochten,
die dem Kriege eine neue Wendung gaben.
Im heißen Monat August, der das Blut der Trauben focht, floß diesmal
Menfchenblut in Strömen. Seine ersten Tage brachten großartige Kämpfe;
bald wurden sie durch noch größere übertreffen. Ter hehre Heldengesang von
den Metzer Schlachten wird mit gewaltigen Sturmestönen bis in die fernste
Zukunft klingen; seine brausenden Wirbel hallen zusammen in einem machtvollen
Schlnßaccord: deutsche Tapferkeit und deutsche Ehre!
Wer eilten hochragenden Alpenriesen schildern will, zählt nicht die einzel¬
nen Schrunde und Zacken auf; er würde damit das Bild mir stören. So
sollen hier auch diese Gipfeltage deutschen Schlachtenruhms nur im großen
Umriß gezeichnet werden.
Tie erste und zweite Armee folgten nach der Schlacht von Spicheren dem
zurückgehenden Feinde. Das 9. und 12. Corps rückten dem Heere nach; auch
das 1. Corps war angelangt, das 2. eben auf dem Anmarsche. Am 8. August
übernahm König Wilhelm das Kommando; sein Armeebefehl schärfte den Sol¬
daten strengste Mannszucht und den Schutz des fremden Privateigentums ein.
Des Königs langjährige Erfahrung war höchst wertvoll, seine Anwesenheit für
das Heer und die Soldaten unschätzbar; ihrem Oberfeldherrn zuliebe thaten
und ertrugen sie alles.
Die Reiterei eilte in kühnen Streifzügen weit voran und brachte gute
Nachrichten über die Bewegungen des Feindes, der von der fetnigeit schlecht
bedient int 2unfein tappte. Im französischen Hauptquartier herrschte die bis-
Meyer, Hohenzollernbuch. III. Bd. n