Athen vor Solon.
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zahlreiche kleinere Schaaren unter edlen Geschlechtern, welche
durch die Völkerwanderungen aus ihrer Heimat vertrieben wor¬
den waren, Miuyer und pelasgische Tyrrhener aus Böotien,
Lapithen aus Thessalien, Schaaren von Ioniern aus dem Pelo¬
ponnes, Aiakiden aus Aegiua, aus Messenien die Nachkommen
des Nelens und Nestor, hatten in Attika eine Zuflucht und neue
Heimat gefunden. Viele von ihnen betheiligten sich an der
jonischen Auswanderung, aber immerhin blieb ein beträchtlicher
Theil im Lande und trug nicht wenig zu einer kräftigen Ent¬
wickelung der attischen Bevölkerung bei. Die eingewanderten
adligen Geschlechter brachten eine Fülle edler Kräfte und neuer
Bildungsstoffe mit und suchten wetteifernd mit den Einheimischen
im Dienste des neuen Vaterlandes sich hervorzuthun; durch die
Vermehrung der Bevölkerung, durch die Mischung verschiedener
Volkselemente entstand ein neues reges Leben, eine vielseitige
Thätigkeit, welche durch die Beschaffenheit des Landes Anregung
und Nahrung fand. Die klare gesunde Luft Attika's stärkte und
erfrischte den Körper, erheiterte die Seele, weckte und belebte
die Kräfte des Geistes; der Boden des Landes, meistenteils
steinigt und mager, verlangte eine sorgfältige Bearbeitung, aber
die Arbeit fand erfreulichen Lohn; das Meer, überall dem Lande
nah, lockte zur Seefahrt und zum Handelsverkehr.
Da Attika von Eroberung und gewaltsamen Umwälzungen
frei geblieben war, so kam der Staat srüh zu einer festen Ord¬
nung, unter deren Schutz der Bürger ungestört seinen friedlichen
Beschäftigungen leben konnte. Schon Thefeus sollte die Bevöl¬
kerung in drei Stände getheilt haben, in Eupatrideu oder Edle,
Geomoreu oder Landbauer, uud Deminrgen, Gewerbslente. Die
Enpatriden, der jonische mit den eingewanderten edlen Familien
gemischte Adel, bildeten den Staat im engeren Sinne. Sie
zerjielen in die vier jonischen Phylen oder Stämme: Geleonten
(oder Teleonten), Hopleten, Aigikoreis und Argadeis, diese
wieder in 12 Phratrien, 360 Geschlechter und 10,800 Haus¬
stände. Wenn auch dieser attische Adel niemals so schroff dem