Full text: Vom Mittelalter zur Neuzeit (Bd. 6)

Karl V. vor Algier. 385 
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20. October 1541 erreichte die Flotte die Höbe vor Algier und 
das Heer stieg an's Land. Aber gleich am ersten Abend, ehe noch 
Geschütz, Geräth und Vorrath ausgeschifft waren, erhob sich ein 
furchtbarer Sturm, riß die Schiffe von den Ankern, warf sie arr 
die Küste oder in das hohe Meer, und ein entsetzlicher Platzregen 
überfiel die Krieger am Lande dergestalt, daß sie die ganze Nacht 
bis über die Knöchel im Wasser stehen, und, um nicht vom 
Sturme niedergeworfen zu werden, lbre Lanze in die Erde stoßen 
und sich dagegen stemmen mußten. Da galt es nicht mehr die 
Eroberung der Stadt Algier, obne Geschütz und Heer-Geräth, 
sondern die eigene Rettung; denn die leichte türkische Reiterei 
setzte am folgenden Tage dem ermatteten Heere hart zu. Allein 
in dieser Noth zeigte der Kaiser Karl, daß er auch als Krieger, 
in Gefahren, groß sey. Drei schwere Tagereisen weit in Schlamm 
und Wasser, führte er sein Heer, unter den steten Anfällen der 
Feinde, längs der Küste bis zu dem Meerbusen von M e ta fu z, 
wo sich ein Theil der zerstreuten Schiffe sammelte. Er stellte sich 
ganz dem gemeinen Krieger gleich, theilte die härtesten Entbeh¬ 
rungen so wie die äußerste Anstrengung der Kräfte mit ihnen, 
und so gelang es ihm, den sinkenden Muth zu erhalten und das 
übrige Heer glücklich wieder einzuschiffen. Er brachte es nach 
Italien und ging selbst sogleich nach Spanien hinüber. 
Vierter Krieg mit Franz von Frankreich. 1542 — 
44. — Der französische König hatte Karls Abwesenheit in Algier 
benutzt, sich von Neuem zu rüsten. Alle Freundschaftsversuche 
mit Karl hatten ihn das Herzogtbum Mailand nicht verschmerzen 
lassen; nun, glaubte er, sey die Zeit gekommen, es wieder zu 
erobern und erneuerte sein Bündniß mit den Türken. Als Karl 
noch von dem afrikanischen Zuge erschöpft still lag, fing Franz 
den Krieg schon an, aber die Unfähigkeit seiner Feldherrn gegen 
die trefflichen spanischen, so wie Mangel und Krankheiten, be¬ 
wirkten, daß seine fünf Heere in dem ersten Feldzuge nichts aus¬ 
richteten und in trauriger Verfassung nach Hause kehren mußten. 
Im folgenden Jahre 1543 begab sich Karl nach Italien und 
von dort über die Alpen hinab an den Niederrhein. Hier hatte 
Franz einen Bundesgenossen in dem Herzog von Cleve ge¬ 
funden; dieser, der zugleich kürzlich angefangen hatte, die prote¬ 
stantische Lehre zu begünstigen, sollte die kaiserliche Gewalt zuerst 
fühlen. — Karls Erscheinung in diesen Gegenden war ganz un¬ 
erwartet. Unter dem Volke war die Sage, er habe auf der Rück¬ 
kehr von Algier Schiffbruch gelitten und sey selbst umgekommen, 
und in diesem Glauben hielten sie die Nachricht von seiner An¬ 
kunft in Deutschland für ein Mährchen. Die Besatzung der klei¬ 
nen Stadt Düren gab auf seine Aufforderung zur Uebergabe 
die Antwort: „Sie fürchte sich nicht vor dem, der längst eine 
Speise der Fische geworden sey." Als nun aber seine Spanier 
die Mauern erstürmten, Alles niedermachten und die Stadt in 
Brand steckten, da verbreitete sich Furcht und Schrecken im gan- 
Kohlrausch D. Gesch. 9. Aufl. 25
	        
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