Friedrich Wilhelm IV.; — die Revolutionsjahre 1848 und 1849. 71
18 Friedrich Wilhelm IV.; — die Revolutionsjahre
1848 und 1849.
Wolfa. Menzel. Geschichte der letzten 40 Jahre; — ©• Freytag, Karl
a Mathy.
Friedrich WilhelmsIV. Regierungsantritt Im
Jahre 1840, am 7. Juni, starb König Friedrich Wilhelm III. von
Preußen und folgte ihm sein Sohn Friedrich Wilhelm IV.
War der Vater ernst, einsilbig, mürrisch gewesen, so strahlte da¬
gegen der Sohn von Geist, Beredsamkeit und Heiterkeit, und weckte
bei jedermann die Erwartung großer Änderungen im bisherigen
preußischen Systeme. Der neue Preußenkönig bewahrte den pa¬
triotischen Erinnerungen des Jahres 1813 warme Sympathien.
Er ließ alle noch verhafteten sog. Demagogen der dreißiger
Jahre frei. Er berief sogleich Boyen und den alten Arndt in die
Ämter zurück, die ihnen seit den Karlsbader Beschlüssen genommen
waren. Mit seinem persönlichen Freunde, dem Herrn von Radowitz,
war er schon als Kronprinz über manche Wünsche, eme bessere
Einigung des deutschen Bundes betreffend, einverstanden. — Der
König reiste nach Königsberg, um sich hier, in der Wiege der
preußischen Souveränität, nach alter Sitte huldigen zu lasM.
Drei Tage vor der Huldigung überreichten ihm die ostpreußischen
Provinzialstände unter Vorantritt des Oberpräsidenten von S ch o n
eine Bitte um die Reichsverfassung. Er antwortete ablehnend,
weil er eine Repräfentativverfassung für unzweckmäßig und gewagt
halte und den historischen Boden der ständischen Gliederung und
Provinzialvertretung nicht verlassen wolle.
Der „Vereinigte Landtag". Im Spätherbst 1842
machte der König von Preußen den ersten Versuch einer gemein¬
samen Sitzung sämtlicher Ausschüsse aus den Provinzialständen,
als Vorbild eines Reichstages. Derselbe blieb aber unpopulär,
weil der Adel darin zahlreicher vertreten war, als Bürger und
Bauern. Desto populärer waren im folgenden Jahre die einzelnen
Provinziallandtage, in denen immer lautere Forderungen an die
Regierung gestellt wurden. — Immer noch von dem Prinzipe der
ständischen Gliederung nicht lassend, glaubte der König doch dem
Dringen nach Reichsständen in der Art nachgeben zu sollen, daß
er, wie früher schon die Ausschüsse, so jetzt die sämtlichen Mit¬
glieder aller Provinzialstände zu einem „vereinigten Land¬
tage" nach Berlin berief, am 3. Februar 1847. Niemand
zweifelte, daß somit die konstitutionelle Bahn betreten fei, und der
Jubel war groß. Der Landtag wurde am 11. April in Berlin er¬
öffnet, und der König sagte ausdrücklich: er werde nimmermehr
zugeben, daß sich zwischen ihn und das Land ein geschriebenes