4 Vom Beginn des Deutschen Befreiungskrieges rc.
Erhebung Preußens.
(Arndt:)
Den 21. Januar 1813 gegen Abend kamen wir von Gum¬
binnen in Preußens Hauptstadt, in Königsberg, an. Stein
versammelte hier die preußischen Würdenträger und angesehensten
Männer, unter ihnen voranzustellen der ehemalige Minister Graf
Alexander zu Dohna und der Präsident von Schön. Er handelte
allerdings im Namen und Aufträge des Kaisers von Rußland, aber
in solcher Weise und mit solcher Achtung und Schonung der Per¬
sonen und Verhältnisse, daß der König von Preußen stillschweigend
als der Freund und Bundesgenosse desselben vorausgesetzt ward.
Von dem Lande sollte nicht als von einem eroberten Lande Besitz
genommen werden, sondern als von einem Lande, das man zu
befreien kam. Es erschienen in diesen Tagen hier und in der
Umgegend auch die Heerabteilungen des Fürsten von Wittgenstein
und des Generals Dork, der mit den Russen den bekannten Ver¬
trag abgeschlossen hatte. Das veranlaßte Jubel und Feste, die
freilich noch ihren düstern und sinstern Gegenschein hatten. Denn
groß war auch hier die Not und das Elend. Lazarette voll ge¬
fangener und verwundeter Franzosen, auch Lazarette von Russen
und Preußen, Durchfuhren von unglücklichsten Gefangenen weiter
gegen Osten; auch hier knarrten die stillen Leichenwagen durch die
Gassen, und viele der Einwohner wurden auch die Opfer der
Seuchen. So schlichen mitten in der Wonne der Befreiung
Jammer und Tod als finstere Gesellen umher. Merkwürdig auf¬
fallend war mir und jedem, welchem er zum erstenmal erschien,
der General Dork, der berufen war, gleichsam den ersten preu¬
ßischen Anfang zu machen, eine starre entschlossene Gestalt, eine
breite gewölbte Stirn voll Mut und Verstand, um den Mund ein
hartes sarkastisches Lächeln. Er sah aus wie scharf gehacktes
Eisen; hat es ferner gegen die Welschen in vielen Schlachten wohl
erwiesen. Der Herr vom Stein weilte hier nur kurze Zeit, eilte von
hier nach Breslau, wohin der König von Preußen sich begeben
hatte. Denn Berlin und Spandau waren in den Händen der
Franzosen, welche durch die Lande und Städte hin- und herziehend
sich immer noch gebärdeten, als müßten die Lande ihnen fernerhin
dienen. Endlich erschallte zur unendlichen Freude aus Breslau
die Königliche Entscheidung hieher. Wie auch die diplomatischen
äußerlichen Scheine noch zweifelhaft spielten, seit dem König¬
lichen Aufruf der Freiwilligen vom 3. Februar und dem Gesetz
und Gebot über die Freiwilligen war die Entscheidung nicht mehr
zweifelhaft. Hier in Königsberg wurden von mir und vielen andern
deutschen Zugvögeln, die noch ein bißchen Herz in der Brust hatten,
wahrhaft königliche und kaiserliche Tage verlebt; noch klopft mir