Full text: Die Hellenen seit dem Ende der Perserkriege (Bd. 2)

Kleon als Staatsleiter. 37 
In Athen nun war man, als dahin Nachricht kam, daß ihr 
Heer Not leide und denen auf der Insel Lebensrnittel zugeführt 
würden, in Verlegenheit und fürchtete, der Winter könne über der 
Einschließung herankommen; denn sie sahen, daß dann die Znfuhr 
des Nötigen um den Peloponnes herum unmöglich sein werde. 
Darum reute es sie jetzt, sich seinerzeit nicht zum Vergleiche mit 
den Läcedämoniern verstanden zu haben. Kleon aber, der sah, wie 
sich ihre scheelen Blicke gegen ihn selbst wendeten, weil er damals 
den Frieden hintertrieben, behauptete, die, welche jene Meldung 
gebracht, sagten nicht die Wahrheit. Da aber die Leute, welche 
von Pylos gekommen waren, darauf drangen, wenn man ihnen 
nicht Glauben schenke, so solle man einige Männer hinsenden, 
sich mit eigenen Augen von der Lage zu überzeugen, so wurde er 
selbst und mit ihm Theagenes von den Athenern hierzu gewählt. 
Jetzt sah er für sich keine andere Wahl, als entweder bei feinen 
früheren verleumderischen Reden stehen zu bleiben oder sie zurück¬ 
zunehmen und damit sich selbst als Lügner hinzustellen, und weil 
er sah, daß die Athener schon von selbst mehr für eine Kriegsunter¬ 
nehmung gestimmt feien, so forderte er sie auf, lieber niemand zur 
Untersuchung abzuschicken und nicht durch einen solchen Zeitverlust 
die günstige Gelegenheit vorbeigehen zu lassen, sondern, wenn sie 
schon der Meldung Glauben schenkten, so sollten sie eine Flotte 
gegen die Leute auflaufen lassen. Damit wollte er aber dem Nicias, 
bessert Feind er war, eine Falle stellen; und arglistig meinte er, 
wenn man mit gehöriger Rüstung in See gehe, so wäre es gar 
leicht, die Leute auf der Insel abzufangen, sofern die Feldherrn 
nur Männer seien, unb er selbst, wenn er das Kommando hätte, 
würde das ausführen. 
Da nun die Athener Kleon zuriefen, warum er denn nicht 
sogleich in See gehe, wenn ihm das so gar leicht dünke, unb 
Nicias sah, baß es auf ihn gemünzt fei, so erklärte biefer, wenn 
Kleon sich eine beliebig große Macht nehmen unb bie Sache ver¬ 
suchen wolle, so hätten sie (die Feldherrn) nichts dagegen. Kleon 
nun zeigte sich zuerst zwar beret dazu, weil er glaubte, baß Nicias 
nur so leeres Gerebe mache mit seinem freiwilligen Rücktritt; 
als er aber sah, baß ber ihm wirklich sein Amt überlassen wolle, 
so zog er wieber zurück unb sagte, nicht er fei Felbherr, fonbern 
jener; benn jetzt würbe ihm bange, unb er hatte gar nicht ge¬ 
glaubt, baß es Nicias über sich gewinnen könne, ihm zu weichen. 
Da trat nun Nicias zum zweiten Male mit feinem Antrag auf 
unb legte für sich bas Kommanbo für Pylos nieber unb rief babei 
die Athener zu Zeugen auf. Diese nun — wie es ja der blinde 
Hause zu machen pflegt —, je mehr Kleon dem Seezug auszu¬ 
weichen trachtete und für feine Versprechungen Ausflüchte suchte,
	        
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