Attila, der Hunnenkönig. 19
Mann auf die Verwüstung des Erdkreises sinne, so drängte er
ihn durch viele Geschenke zum Krieg mit den Vesegoten. Er
fürchtete nämlich, daß Theodorid, der König der Vesegoten,
die Schmach, die er feiner Tochter angetan hatte, rächen möchte.
Diese war nämlich früher mit Hunerich, Geiferichs Sohn, ver¬
mählt gewesen und hatte sich, in der ersten Zeit wenigstens,
einer solchen Vermählung erfreut. Später aber hatte Geiferich,
wie er denn selbst gegen feine Kinder grausam war, lediglich auf
den Verdacht hin, daß sie versucht habe, ihn zu vergiften, sie
mit abgeschnittener Nase und verstümmelten Ohren, ihrer natür¬
lichen Zierde beraubt, ihrem Vater nach Gallien zurückgeschickt,
so daß die Beklagenswerte ihm immer einen jämmerlichen An¬
blick bot. Solche Grausamkeit, durch die sogar Fremde hätten
entrüstet werden müssen, konnte den Vater nur zu nachdrücklicher
Rache aufreizen. Infolge der Bestechung durch Geiferich brachte
nun Attila den schon lange beschlossenen Krieg zur Ausführung.
Schlacht aus den Katalaunischen Feldern (451 n. Chr.). Vom
Vesegotenkönig Theodorid wurde eine Unmasse Volks ausgebracht.
Er ließ vier von feinen Söhnen zu Hause; nur die beiden ältesten,
Thorismund und Theoderich, nahm er zu Genossen des Kampfes.
Auf feiten der Römer befaß der Patricias Astins, der damals die
Stütze des westlichen Reiches war, solche Umsicht, daß er, nach¬
dem er seine Trnppen von allen Seiten zusammengezogen hatte,
dem wilden, unzählbaren Feind, gegen den er zog, wohl ge¬
wachsen war. So kam es auf den Katalaunischen Feldern
zum Zusammenstoß. Auf beiden Seiten waren es die tapfersten
Heere, die aneinander gerieten. — Es kam zum Handgemenge:
ein schrecklicher, gewaltiger, vielgestaltiger Kampf, mit Hartnäckig¬
keit geführt, von deffengleichen nirgends im Altertum berichtet
wird. Denn, wenn man den Erzählungen der älteren Leute
glauben darf, schwoll das Bächlein, das in niederen Ufern an der
erwähnten Ebene vorbeifließt, von dem reichlichen Blut der Wun¬
den der Getöteten an und wuchs nicht wie sonst durch Regengüsse,
sondern ward infolge der ungewohnten Flüssigkeit durch des
Blutes Zufluß zu einem reißenden Gießbach; und die, welche dort
eine Verwundung nötigte, den brennenden Durft zu stillen, schlürf¬
ten das Naß mit Blut vermischt. — Da wurde auch der König
Theodorid, während er ermutigend fein Heer durcheilte, vom
Pferde gerissen, und, von den Fußen der ©einigen zertreten,
endete er in frühem Alter. Da trennten sich die Vesegoten von
den Alanen und drangen auf die Scharen der Hunnen ein; und
fast hätten sie den Attila getötet, wenn er nicht vorher vorsichtig
geflohen wäre und sich und die ©einigen sogleich in das Gehege
seines Lagers, das er mit Wagen umgeben hatte, eingeschlossen