Full text: Völkerwanderung, Frankenreich und Anfänge des Deutschen Reiches (Bd. 4)

o Einleitung. 
Waffen, verschlossen ist alles Eisen. Nur Frieden und Ruhe 
sind dann bekannt und geliebt, so lange, bis die Göttin sich an 
dem Verkehre mit den Sterblichen ersättigt und der nämliche 
Priester sie wieder in ihr Heiligtum zurückgebracht hat. Dann 
wird der Wagen und die Tücher, und, wenn man es glauben 
mag, auch die Gottheit selbst in dem verborgenen See gebadet. 
Diesen Dienst verrichten Sklaven, die dann sogleich derselbe See 
verschlingt." — 
Übrigens halten sie es der Hoheit der Himmlischen un¬ 
angemessen, sie in Wände einzuschließen oder irgend in Gestalt 
menschlichen Antlitzes abzubilden. Haine und Gehölze weihen 
sie, und rufen unter göttlichen Namen jenes unerforschliche Wesen 
an, das ihr ehrfurchtsvolles Gemüt ahnt. — Wahrzeichen und 
Lose sind ihnen wichtig, wie je einem Volke; die Art zu losen ist 
einfach. Eines Fruchtbaums abgehauener Zweig wird in Reiser 
zerschnitten und, mit gewissen Merkmalen bezeichnet, auf ein 
weißes Tuch, wie fich's trifft, hingeworfen. Dann verrichtet bei 
öffentlichen Beratungen der Priester, bei besonderen der Haus¬ 
vater, ein Gebet zu den Göttern, blickt zum Himmel empor, hebt 
drei Reiser nacheinander auf, und deutet die zuvor eingeschnit¬ 
tenen Zeichen aus. Sind diese ungünstig, so kommt an demselben 
Tage dieselbe Sache nicht weiter in Beratung; sind sie günstig, 
so ist noch die Bestätigung durch Wahrzeichen erforderlich. Man 
kennt hier ebenfalls die Deutung des Flugs und Geschreis der 
Vögel. Eigen ist diesem Volk, auch von Pferden Weissagungen 
und Mahnungen herzunehmen. Man unterhält öffentlich in 
jenen Gehölzen und Hainen weiße, von keiner irdischen Arbeit be¬ 
rührte Pferde. Diese, vor den heiligen Wagen gespannt, be¬ 
gleitet der Priester und der König oder Vorsteher des Gebiets, 
und beobachtet ihr Wiehern und Schnauben. Kein Wahrzeichen 
steht in höherem Ansehen, nicht nur beim Volke, sondern bei Vor¬ 
nehmen, bei Priestern. Denn sich selbst betrachten sie als Diener, 
jene als Vertrante der Götter. Es giebt noch eine andere Art, 
Vorbedeutungen einzuholen, wodurch sie den Ausgang schwerer 
Kriege erforschen. Aus dem Volke, mit dem Krieg ist, suchen sie 
irgendwie einen Gefangenen aufzuheben und lassen ihn mit einem 
Auserlesenen der Ihrigen, jeden in seiner Landesrüstung, kämpfen. 
Der Sieg des eilten oder des andern wird für Vorentscheidung 
genommen. — Über geringere Sachen ratschlagen die Häupter, 
über wichtigere alle, doch so, daß auch dasjenige, dessen Entschei¬ 
dung beim Volke steht, von den Häuptern vorberaten wird. 
Sie kommen, wenn nicht ein unvorhergesehener oder plötzlicher 
Fall eintritt, an bestimmten Tagen, beim Neu- oder Vollmond, zu¬ 
sammen; denn dies scheint ihnen zu Verhandlungen der günstigste
	        
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