Anhang.
Literaturdenkmäler.
Einer der beiden „Merseburger Zaubersprüche"?)
(Sie finden sich in einer Handschrift der Merseburger Dombibliothek. Sie
sind im zehnten Jahrhundert nachträglich eingefügt. Sie stammen aus der
Zeit des deutschen Heidentums.)
Zauberspruch über den verrenkten Fuß eines Pferdes.
Pfohl und Wodan fuhren zu Holze
Da ward Baldurs Fohlen der Fuß bereutet.
Da besang ihn Sindgund und Sunna, ihre Schwester;
Da besang ihn Freya und Volla, ihre Schwester,
Da besang ihn Wodan, wie er wohl verstand,
So die Beinverrenkung, so die Blutverrenkung wie die Glieder¬
verrenkung :
Bein zu Beine, Blut zu Blute,
Lid zu Lide**), wie geleimt faßen sie.
Das Hildebrandslied?)
(Der einzige Rest der deutschen Heldensagen aus heidnischer Zeit, die Hand¬
schrift stammt aus dem neunten Jahrhundert. Das Lied ist ein Bruchstück,
dessen Schluß fehlt. Die Textüberlieferung ist schlecht, weil das Lied wahr¬
scheinlich nach dem Gedächtnis niedergeschrieben worden ist.)
Ich hörte sagen, sich heischten zum Kamps
Hildebrand und Hadubrand unter Heeren zwein,
Des Sohnes und des Vaters. Sie sahen nach der Rüstung,
Die Schlachtgewänder schnallten sie, gürteten die Schwerter an,
Die Recken über die Ringe, und ritten zum Kamps.
Hildebrand erhob das Wort; er war der hehrere Mann,
Erfahrener und weiser; zu fragen begann er,
Mit wenigen Worten, wer fein Vater wäre
Der Helden im Volte***), „oder welcher Herkunft du seist.
Sagst du mir nur einen, die andern weiß ich mir:
Kind, im Königreiche kund ist mir alles Erdenvolk."
*) Nach der Übersetzung im Altdeutschen Lesebuch von Simrock.
(Cotta'scher Verlag 1854.)
**) Im deutschen Literaturatlas von Könnecke: „Glied zu Gliedern."
***) Der Anfang der direkten Frage fehlt.