Die beiden Gracchen.
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Nobilität gewann den Tribunen M. Ocfavius, der dagegen Ein-
sprache erhob und sich auch durch wiederholte Bitten des Antrag-
stellers nicht umstimmen ließ. Deshalb wurde er im Gegensatze zum
Herkommen auf Befehl des letzteren unter Zustimmung des Volkes
von der Tribunenbank entfernt, das Ackergesetz angenommen und
ein Ausschuß von drei Männern eingesetzt, der darüber entscheiden
sollte, was Eigen- und was Staatsland sei, und auch die Aufteilung
vorzunehmen hatte.
2. Weitere Anträge und Ermordung des Ti. Gracchus; Tod des
jüngeren Scipio. Gracchus stellte weitere Anträge in Aussicht, so
die Verteilung der Schätze des Attalus II. unter das Volk zur
Anschaffung von Ackergeräten und Vieh (revolutionärer Eingriff
in das finanzielle Recht des Senates). Hiedurch hoffte er seine Wie-
derwahl zum Tribunen für das nächste Jahr zu sichern; eine solche
widersprach aber dem Herkommen und, da nach der Angabe der
Römer selbst im mos maiorum die Verfassung wurzelte, auch dieser.
Als die Mehrzahl der Tribus ihm gesichert schien, störten die No-
biles die Komitien; Gracchus wurde auf der Flucht vom Kapitole
getötet, mit ihm über dreihundert seiner wehrlosen Anhänger mit
Knütteln und Brettern erschlagen. Damals wandte der Senat, soviel
wir wissen, zum erstenmal das senatus consultum ultimum an.
Dieses erteilte den Konsuln mit der Formel: videant consules, ne
quid res publica detrimenti capiat, diktatorische Gewalt (S. 176).
Da aber der Konsul Scaevola nicht einschreiten wollte, bevor die
Gracchaner Gewalt gebraucht hätten, übernahm der Pontifex Maxi-
mus Scipio Nasica unter Verhöhnung der Rechtsordnung die Füh-
tung der Nobilität.
Wenige Jahre darauf starb Scipio Aemilianus, der sich wegen
seiner großen Verdienste und seiner Uneigennützigkeit des höchsten
Ansehens erfreute. Er hatte zwar ein Herz für das Elend des Volkes,
war aber jeder gewaltsamen Verletzung der Ordnung feind, so daß
ihm die Äußerung zugeschrieben ward, sein Schwager sei mit Recht
getötet worden. Als das den Latinern gehörige Staatsland aufgeteilt
werden sollte, baten ihn diese um die Verteidigung ihrer Rechte. In
der Nacht vor der Volksversammlung, in der er zugunsten der
Latiner sprechen wollte, wurde er tot aufgefunden. Vielleicht wurde
er ermordet; der Prozeß ward niedergeschlagen.
B. C.Sempronius Gracchus, 123 und 122. Der jüngere Gracchus,
begabter und rücksichtsloser als sein Bruder, ein feuriger Redner,
bisher Quästor in Sardinien, wurde für die Jahre 123 und 122 zum