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des Landes, welches ihren Namen im engeren Sinne trug, bewohnten 
sie auch die britischen Inseln, die oberen Donauländer und waren 
zu Zeiten durch Auswanderungen und Eroberungen östlich zur 
unteren Donau und bis nach Kleinasien (Galatien, vgl. S. 4) 
südöstlich in Ober-Italien, südwestlich in Hispanien angesiedelt. 
Dagegen erfüllten sie das Land, welches die Römer nach ihnen ins¬ 
gemein im weiteren Sinne Gallia (speciell G. transalpina; das „jen- 
seit der Alpen gelegene G.“) nannten, nicht vollständig; neben ihnen 
wohnten im SO. innnerhalb der Alpentäler, also im Anschlufs 
an ihre Wohnsitze in Oberitalien ligurische Volksstämme, 
im SW. an den Pyrenäen die iberischen Aquitanier, deren 
Land daher Caesar als einen besonderen Teil des bis zu seiner 
Zeit noch freien Galliens ausscheidet. Die echten Gallier reichten 
aufserhalb des weit gröfsten mittleren Landesteiles, den ihre 
damals noch unabhängigen Volksstaaten einnahmen, der speciellen 
Gallia Celtica Caesar’s, im Tale des Rhodanus und westlich davon 
bis an das Mittelmeer und die Pyrenäen, als Beherscher unter¬ 
worfener ligurischer und iberischer Gebiete*). Dieser ganze süd¬ 
östliche Landesteil war schon ein halbes Jahrhundert früher (O. vom 
Rhodanus 118, W. davon 106 v. Chr.) der römischen Herschaft 
unterworfen und wurde gewöhnlich kurzweg, ohne besonderen 
Namen, als „die Provinz“ (provincia, daher in neuerer Zeit Provence) 
bezeichnet; erst unter Augustus erhielt er nach der Hauptstadt Narbo 
den Namen der Provinz (Gallia) Narbonensis. -- Im Norden des 
Landes unterscheidet Caesar als eine besondere Abteilung das 
belgische Gallien, dessen Bewohner, die Beigen, wie es scheint 
ein Mischvolk von O. eingedrungener Germanen mit ureinwohnenden 
Kelten waren**). 
Von K. Augustus wurde eine neue Begrenzung der durch Caesar 
eroberten Teile Galliens eingeführt und damit den Namen Aquitania 
und Belgica eine weitere Ausdehnung über grofse Teile der 
älteren G. Celtica beigelegt; der dazwischen als besondere Provinz 
übrigbleibende Rest von Celtica erhielt nach der Hauptstadt Lug- 
*) Die an dieser Siidküste, noch bevor sie von Galliern erobert wurde 
und bis nach Iberien hin angelegten griechischen Städte waren sämtlich 
Handelsplätze in Abhängigkeit von der bedeutendsten dieser Colonien, Massalia 
(griech.) oder Massilia (lat.), gegründet um 600 v. Chr. von Ioniern aus Pho- 
caea in Kleinasien. 
**) Die genannten drei Abteilungen nach Caesar (und als vierte die alte 
Provinz) sind in der Karte durch Flächencolorit, die Provinzgrenzen der Kaiser¬ 
zeit nur durch starke rote Linien bezeichnet. 
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dunuvi (Lyon) den Namen G. Lug dunensis. Endlich bildeten die 
Grenzmarken am Rhein gegen das freie Germanien eine besondere 
Provinz Germania, seit K. Claudius geteilt in eine untere (inferior) 
und obere (superior); die letztere wurde unter K. Domitian ver- 
gröfsert durch das neubesetzte und durch Grenzwälle gegen die An¬ 
griffe der freien Germanen geschützte Gebiet östlich des Rheines, 
die sog. ,,Zehntäcker“ (agri decumates). 
Die erst der Kaiserzeit angehörigen Ortsnamen Galliens be¬ 
schränken sich auf Umnennungen älterer Orte — deren einheimische 
Namen darüber völlig verschollen sind — zu Ehren Caesar’s und 
Augustus, und liegen in den Zusammensetzungen mit diesen Namen 
klar zu Tage. Neue Befestigungsanlagen mit römischen Namen 
finden sich nur an der unteren Rheingrenze (Colonia Agrippina, 
Coin, Confluentes, Coblenz, Vetera, Xanten u. a.). 
Von dem gleichfalls keltischen Britannien ist der südöstliche 
ebene Teil [Br. inferior ,,das untere“) seit 43, der westliche und 
nördliche gebirgige (Br. superior „das obere“) seit 85 n. Chr. römische 
Provinz; der rauhe und kalte äufserste Norden — Caledonia „das 
Waldland“ nach einheimischer Benennung“ — niemals von den 
Römern unterworfen worden*). 
Mittel-Europa (nach heutiger, Nord-Europa nach antiker 
Anschauung) oder die römischen Donau-Provinzen und 
Germanien, bi. 8. 
Die Gebiete dreier grofsen Nationen Alt-Europa’s, von denen 
nur die germanische fortbesteht, die illyrische bis auf geringe 
Bruchteile, die thracische sprachlich ganz untergegangen ist. 
Thracia (griech. Thrake) bedeutet in älterer Zeit für die Griechen 
den ganzen ihnen bekannten Norden, namentlich mit Einschlufs 
Macedoniens, und die dort wohnenden verwandten Völker — 
besonders die Geten — wurden ihnen bis in das Gebirgsland nörd¬ 
lich von der unteren Donau bekannt. Die von den macedonischen 
Königen unterworfenen thracischen Länder südlich der Donau 
*) Wer für das Hauptgebirge dieses Landes den in älteren Karten herkömm¬ 
lichen Namen des Mons Grampius vermifst, der sogar als the Grampians in die 
heutige geographische Nomenclatur übergegangen ist, sei daran erinnert, dafs 
dieser Name eine Erfindung eines schottischen Geschichtschreibers des vorigen 
Jahrhunderts ist, gebildet aus dem von Tacitus in der Kriegsgeschichte Agricola’s 
genannten, seiner Lage nach völlig unbestimmbaren, vielleicht sehr unbedeuten¬ 
den Hügel Graupius.
	        
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