Full text: Die Begründung des Deutschen Reichs in Briefen und Berichten der führenden Männer

quartier anwesenden Fürsten und den bewährtesten Feld¬ 
herren, abends zur Tafel wieder um sich vereinigte. Die 
Brust des Präsidenten Simsort schmückte bei dieser Gelegen¬ 
heit zum ersten Male der Stern zum Roten Adlerorden 
2. Klasse, welchen ihm Se. Majestät „in Anerkennung seiner 
Mission" schon bei der Audienz verliehen hatte.x) Line 
halbe Stunde, nachdem der feierliche Hst der Übergabe der 
Kaiser-Adresse mit einem begeisterten hoch auf Se. Majestät 
beendigt war, hatte der Kronprinz die Deputation in seinem 
hübsch gelegenen Hauptquartier, der Villa Andre, empfangen, 
die, umgeben von dichtem Walde . . . ihren Hamen „les 
Ombrages“ mit Recht führt. Nach längerer huldvoller 
Unterhaltung mit jedem einzelnen richtete Se. Königl. 
hoheit zum Schluß eine den wohltuendsten Eindruck 
machende Ansprache an alle. Die Worte des Prinzen, daß 
wir einen großen Schritt vorwärts getan, daß dieser 
Moment zu den schönsten seines Lebens zähle, werden allen 
unvergessen sein. 
J) Dgl. flbekens Brief vom 19. Dezember 1870. Nachmittags 
(18.) als ich um 5 Uhr von meinem Spazierritt zurückkam, fuhr 
gerade der Minister aus dem Torweg unsres Hauses heraus zum 
Diner beim Könige und rief mich an, ihm einen Stern zum Roten 
Adler zu leihen; ich tue das ohne* flrg, und erst als er weg war, 
fiel mir's schwer aufs herz, daß ich dabei darum kommen könne, 
weil ich erfuhr, daß er gebraucht werden sollte, damit der König 
persönlich den Präsidenten Simson dekorieren könne. Nun war 
es mir kein Spatz, das Exemplar, was mir der König mit eigner 
Hand gegeben, zu verlieren, und ich fuhr in sehr übler Laune 
zum Tee des Königs, innerlich allerlei Pläne machend, wie ich 
den Stern dem Simson wieder ablocken könnte, was schwer halten 
würde, weil der nun ihn auch aus des Königs Hand empfangen. 
Beim Tee erzählt mir der König mit Lachen: „3ch habe heut 
Ihren Stern dem Simson gegeben, habe ihm aber nachher gesagt, 
er würde ein anderes Exemplar erhalten, weil dieses nur ein ge¬ 
liehenes sei." Simson entgegnete: „G Majestät, dies kann ich 
nicht wieder hergeben, da ich es aus Eurer Majestät eignet Hand 
erhalten habe, darauf lege ich großen wert." Der König: „3a, 
ich habe es aber auch dem flbeten mit eigner Hand gegeben, und 
der wird auch wert darauf legen." Er habe ihm darauf die 
ganze Szene ant Bahnhof geschildert, und da habe ihm Simson 
gesagt: „Da muß ich freilich darauf verzichten." 
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