Full text: Blüchers Zug von Auerstedt bis Ratkau und Lübecks Schreckenstage (1806)

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XII. Gesetz und Recht. 
15. Juni 1883 begannen die Krankenkassen ihre segensreiche 
Tätigkeit, und am 6. Juli 1884 folgte die Unfallversicherung. 
Unter der Regierung Wilhelms II. aber trat am 1. Januar 1891 die 
Invaliden- und Altersversicherung in Kraft. Die Unter¬ 
stützungen aus diesen Kassen bilden einen Teil des Lohnes der 
Arbeiter. Schwer, sehr schwer war es, diese Kassen ins Leben zu 
rufen-, denn noch kein Land der Erde hat vorher auf solche Weise 
für seine Arbeiter gesorgt, und man mußte erst nach Einrichtung der 
Versicherungsanstalten selbst Erfahrungen sammeln. Nachdem nun 
die Kaffen längere Zeit bestanden haben, ist man bemüht, Mängel, 
die sich gezeigt haben, abzustellen. Jetzt beginnen auch einige Nachbar¬ 
länder Deutschlands die Einrichtungen unseres Vaterlandes nach¬ 
zuahmen, da sie einsehen, wie gut sie sind. 
Unter der Regierung unseres jetzigen Kaisers wurde außerdem 
noch durch Gesetze bestimmt, daß in allen Fabrikbetrieben solche Vor¬ 
richtungen angebracht werden müssen, welche ein Verunglücken des 
Arbeiters möglichst verhindern und Erkrankungen desselben vorbeugen. 
Die Sonntagsarbeit wurde fast gänzlich beseitigt. Da die Frauen 
unter den Anstrengungen der Fabrikarbeit meist mehr als die Männer 
leiden, beschränkte das Gesetz ihre Arbeitszeit auf 11 Stunden täglich; 
in der Nacht dürfen sie gar nicht und Sonnabends nur bis ^6 Uhr 
nachmittags in Fabriken beschäftigt werden. Die Arbeitszeit der 
jugendlichen Arbeiter ist noch mehr als die der erwachsenen Frauen 
verkürzt worden. Die Beschäftigung von Kindern aber wurde in den 
Fabriken gänzlich verboten. Damit all' diese gesetzlichen Vorschriften 
auch gewissenhaft eingehalten werden, sind im ganzen Deutschen Reiche 
besondere Aufsichtsbeamte, die sogenannten Fabrikinspektoren, eingesetzt 
worden. 
Zuletzt merke noch dreierlei! Zum ersten: Wenn du einst 10, 20 
und mehr Jahre zur Krankenkasse gesteuert und keinen Pfennig daraus 
erhalten hast, so sage nicht, es wäre nicht nötig gewesen! Hast du 
nicht durch deine Beiträge deine leidenden Mitarbeiter in ganz Deutsch¬ 
land unterstützt? Over wünscht etwa der Vater, der sein Hab und 
Gut gegen Feuer versichert, daß er jemals in die Lage käme, Geld 
aus der Versicherungskasse zu empfangen? Wird er nicht herzlich dankbar 
sein, wenn er vor Feuersnot allzeit bewahrt bleibt? — Zum andern: 
Du denkst vielleicht, du erreichst nicht das hohe Alter von 70 Jahren, 
um Altersrente zu beziehen, und du steuertest mich in diese Kasse 
unnötigerweise. Woher weißt du, daß du nicht 70 Jahre alt wirst? 
Gibt es nicht jetzt schon im Deutschen Reiche eine Viertelmillion 
Altersrentner? Weißt du ferner etwa, wie lange du rüstig bleibst 
und mit deinen Händen zu schaffen vermagst? Kannst du nicht schon 
in wenigen Jahren invalid, d. h. dienstunfähig sein? Du steuerst 
nicht nur in eine Alters-, sondern in eine Invaliden- und Alters¬ 
versicherung. Gewiß ist aber, daß durch diese Kasse manche Not 
gelindert und manche Träne getrocknet wird. Wenn nun dabei manch 
schönes Familienleben erhalten bleibt, wenn Kinder ihre alten Eltern 
nicht, wie es einst manchmal geschah, dem Armenhause übergeben.
	        
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