Full text: Bilder aus der jüdischen Vergangenheit

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steht im Range höher als der gegenwärtige Exilarch R. 
Eleasar; er besitzt ein grosses, mit reichen Teppichen 
ausgestattetes Haus, geht prächtig in goldverzierten Ge¬ 
wändern gekleidet; er sitzt hoch oben, die Schüler sitzen 
auf dem Boden; er richtet seine Worte an den Sprecher, 
dieser teilt sie den Schülern mit; haben die Schüler etwas 
zu fragen, so wenden sie sich an den Sprecher, weiss die¬ 
ser keine Auskunft zu geben, so richtet er die Frage an 
das Oberhaupt. Zwei Sprecher stehen ihm zur Seite; da 
für die beiden Seiten der Hörer zwei verschiedene Trak¬ 
tate zugleich behandelt werden, so behandelt der eine 
mit den Rechtssitzenden einen, der andere mit den Links¬ 
sitzenden den anderen Traktat. Zuerst wird der Text vor¬ 
getragen, dann wird die Erklärung gegeben. 
Ein Jahr, bevor R. Pethachja nach Bagdad kam, war 
der Exilarch R. Daniel gestorben, der mehr galt als das 
Oberhaupt der Hochschule. Alle besitzen sie einen 
Stammbaum bis zu den Stammvätern hinauf, R. Daniel 
stammte aus dem Davidischen Königshause. Der König 
setzt aber nur den aus einer Wahl der Vornehmen Her¬ 
vorgegangenen als Exilarch ein. Nun konnten aber für 
das Exilarchat nur zwei Männer in Betracht kommen, so 
wählte dann ein Teil R. David und ein Teil R. Israel, 
beide Gelehrte, man hat sich aber noch nicht geeinigt. 
R. Daniel hatte keine Söhne, sondern nur Töchter. R. 
Samuel (Oberhaupt der Hochschule) führte seine Ab¬ 
stammung bis auf den Propheten Samuel zurück, er hatte 
keine Söhne, sondern nur eine Tochter, die in der Hei- 
ligen Schrift und im Talmud bewandert war. Sie unter¬ 
richtete die Jünger in der Schrift, ohne dass sie sie sehen 
konnten, denn sie lehrte in einem abgeschlossenen Hause, 
von dem ein Fenster auf die Strasse ging, durch welches 
die Schüler, die draussen standen, ihre Stimme hören 
konnten.
	        
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