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ein grosses Feuer für sich*). Woher aber dieses Ster¬
ben? Niemand weiss es; alle weisen Meister und Aerzte
sagen nichts anderes, als dass es Gottes Wille sei. Und
wie das Sterben hier war, geradeso war es auch anders¬
wo und dauerte ein ganzes Jahr. Das Sterben kam auch
nach Strassburg im Sommer des vorhingenannten Jah¬
res und man schätzte die Zahl der Gestorbenen auf fünf¬
zehntausend.
In betreff dieses Sterbens wurden die Juden in der Welt
verleumdet und geziehen, dass sie es durch Vergiften
der Brunnen veranlasst hätten, und darum wurden die
Juden, die meisten in Deutschland, verbrannt, nur nicht
in Avignon, wo der Papst sie beschützte. Danach folterte
(dümelte) man einige Juden in Bern und Zoffingen, die
dann eingestanden, dass sie Gift in viele Brunnen gelegt,
das man auch in den Brunnen vorfand. Da verbrannte
man sie in vielen Städten, und man schrieb nach Strass¬
burg, Freiburg und Basel, dass sie ihre Juden auch soll¬
ten verbrennen. Da meinten die Mächtigsten in diesen
Städten, in deren Händen die Regierung lag, man sollte
den Juden durchaus nichts tun. Aber zu Basel begab
sich das gediegene Volk (die allgemeine Bürgerschaft)
vor das Gerichtshaus (Rathaus) und zwangen den Rat,
sodass die Ratsherren schwören mussten, die Juden zu
verbrennen und dass in zweihundert Jahren kein Jude
sollte in die Stadt gelassen werden. Da wurden die Juden
in allen diesen Ländern gefangen gesetzt. Und ein Tag
wurde nach Benevent verabredet, auf dem der Bischof
von Strassburg, alle Landesherren zu Eisass und die Bo¬
ten der drei vorhingenannten Städte zusammenkamen.
Da wurden die von Strassburg gefragt, was sie mit ih¬
ren Juden zu tun gedächten, worauf sie antworteten und
sprachen, sie wüssten von keiner Bosheit ihrer Juden.
*) Wahrscheinlich die Pestkeime zu ertöten.