Full text: Bilder aus der jüdischen Vergangenheit

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R. Nathan als Richter Aber die Spanier 
waren nicht sehr beschlagen in talmudischer Gelehrsam¬ 
keit, jedoch bemühten sie sich bei ihrem wenigen Wissen 
mit mehr oder weniger Erfolg, im Gesetze zu forschen. 
Eines Tages versuchte R. Nathan eine Stelle aus dem 
Tractat Joma zu erklären, aber ohne das Richtige zu 
treffen. R. Mosche, der in einem Winkel der Synagoge 
wie ein Bedienter unbeachtet dasass, erhob sich und nä¬ 
herte sich dem Dajan und erlaubte sich einen Einwand 
gegen dessen Erklärung. Alles war erstaunt, und man 
bat ihn um eine Erläuterung der Stelle, die er dann zu 
noch grösserem Erstaunen der Anwesenden gab. Diese 
richteten alsdann eine Reihe von Fragen an ihn, alles, 
was ihnen unklar war, wollten sie beantwortet haben 
und er wusste mit seinem reichen Wissen allen zu genü¬ 
gen. Als nun der Vortrag geschlossen wurde und die Par¬ 
teien, die ihre Rechtssachen dem Dajan vortragen woll¬ 
ten, hereinkamen—denn vor Schluss des Vortrages durften 
diese nicht eintreten —, erklärte R. Nathan: „Nicht ich bin 
euer Dajan, dieser in Sackgewand gekleidete Fremde, er 
ist Rabbiner, und ich werde von heute ab sein Schüler 
sein, setzet ihn über die Gemeinde Cordova als Dajan 
ein!“ Und so taten sie. Man setzte ihm einen grossen 
Jahresgehalt fest, versah ihn mit Prachtkleidern und 
schenkte ihm einen schönen Wagen. Als der Kapitän 
dieses erfuhr, wollte er den Verkauf rückgängig machen, 
der König liess dies aber nicht zu, denn er freute sich, 
dass die Juden seines Staates nunmehr von Babylon (den 
Hochschulen) unabhängig waren. 
Die Juden Spaniens freuten sich sehr über diesen Vor¬ 
gang, viele Schüler sammelten sich um den neuen Rab¬ 
biner, und alle religiösen und Rechtsfragen, mit denen 
man sich bisher an die Gaonim Babylons gewendet hatte,
	        
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