Full text: Mittelalter (und Neuzeit bis 1648) (2)

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schauenden grauete Im Grund schlug man starke und dauerhafte Pfähle 
ein, so mit großen Steinen gebüßet und ausgefüllt worden. Summa, 
alles würd zur Legung des ersten Fundamentsteins geordnet, wie es dann 
den letzten Tag Junij anno 1377 geschah. Mit dem anbrechenden Tag 
stellte sich die ganze Klerisei sammt vielen aus der Nachbarschaft in 
ihren priesterlichen und Meßgewanden sammt zierlichen Paternostern und 
Rosenkränzen, und andern bei sondern Festen und gebräuchlichen Um¬ 
gangen hin, wie auch die ganze Gemeind, jung und alt, in gebührender 
Ordnung, als die Jugend und Schulkinder mit weißen Hemdern ange¬ 
than, brennende Wachslichter in den Händen, und von grünen Zweiglein 
zierlich gemachte Kränzlein auf den Häuptern, die Knaben auf jener, die 
Mägdlein auf der andern Seite mit fliegenden Härlein stehend. Und ge¬ 
schah der Anfang mit unaushörenden allerhand musikalischem Jnstrumenten- 
Klang und Gesang. Also stieg Ludwig Kraft, Bürgermeister, sammt etlichen 
Edlen in den Grund, den hinabgelassenen ersten Stein zu empsahen. Der 
hing ob dem Grund an einer Zang; den Stein hieb und leitete in den 
Grund hinab der theuer Johann Ehinger, genannt Habsast, und Conrad 
Besserer, der Stadt Hauptmann; andere Herren des Raths griffen an 
den Stein, so ließ ihn ein ganz ehrsamer Rath hinab, etliche an das 
Rad, etliche an das Seil greifend, und legten den unten in sein vorge¬ 
machtes Bett. Als nun der erste Stein gelegt war, griff Ludwig Kraft 
in sein Taschen und legt 100 neuer römischer Goldgulden aus den Stein; 
das thaten auch die andern, und so solgends ein ganzer Rath, wie auch 
ganze Bürgerschaft und Beiwohner, opferte Alles freiwillig, jedes nach 
seinem Vermögen, also daß auf diesen Tag ein ansehnliches gefallen. 
Folgends ist eine Hütt, wo das Psarrkirchen-Bauamt zu amten 
pflegt, aufgeschlagen worden, dahin Jedes sein gutherzig Gäblein brachte; 
kein Fürfleck *), Miederlein, Gürtel oder Haarband würd verschmäht, so 
nachmals auf dem bei den Nagelschmieden am Münster angerichteten 
Trumpelmarkt bestmöglichst verkauft wurde. Etliche Burger hatten ein 
ganzes, ein halbes Jahr, 1, 2, 3 Monate mit Pferd und Leuten daran 
gefrohnet, etliche kauften Pferd darauf und wuchs das Werk also in ihren 
Händen, daß in 111 Jahren, als 1488, nicht allein der große, überköst¬ 
lich Tempel und Turm S) ausgeführt, gewölbet, gebecfet, auch mit 52 Al¬ 
tären geziert wurde. Auch ward zu diesem Bau kein fremde Hülf an¬ 
gerufen. 
Der Tempel sammt dem Thurm soll der Rechnung nach 9 Tonnen 
Golds gekostet haben. 
68. Kleidertorheit tut 14. Jahrhundert. 
Aus der kulturgeschichtlich wertvollen „Limburger Chronik" des Schreibers 
Tileman Elhen von Wolfhagen (bis 1399), Kap. ‘21,126, 145 (Blume, Quellen¬ 
sätze, III, 196 ff.) 
*) Schürze. 
2) Der Ausbau des Turmes (161 rn) ward 1885—90 vollendet. 
Zrrrbonsen, Ouellenbuch. II. 7
	        
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