— 139 —
Walde mich überfällst? Weißt Du nicht, daß es ein toll¬
kühnes Unterfangen ist, welches Dir leicht hätte das Leben
kosten können?" „Was gilt mir mein Leben, wenn ich
kein Recht erlangen kann?" erwiderte Heinrich bitter;
„Kaiserliche Majestät, ich bin derselbe Mann, der schon
einmal vor Euch kniete, um Euch anzuflehen, die Unschuld
meines Vaters an den Tag zu bringen. Ich bin Heinrich
Vasmer, der Sohn des unschuldig hingerichteten Bürger¬
meisters Johann Vasmer von Bremen. Noch einmal
flehe ich Euch an, helft mir, zu meinem Rechte zu ge¬
langen!" „Dein Recht ist Dir geworden", antwortete
der Kaiser; „hast Du nicht am Reichsgerichte in Nürnberg
ein obsiegendes Erkenntnis erstritten? habe ich nicht Deine
Vaterstadt mit Acht und Oberacht belegt, und ist mir
nicht nachher gemeldet worden, daß Deine Ansprüche be¬
friedigt seien? Woher denn nun dieser Widerspruch?
Bin ich etwa falsch berichtet worden?" „Ihr seid falsch
berichtet, Majestät", entgegnete Heinrich kühn; „nichts,
gar nichts ist geschehen, die Ehre meines Vaters wieder
herzustellen, kein Schwären ist mir von meinem Vermögen
zurückgegeben worden, keine Hand hat sich bewegt, um
den Rat zu zwingen, mir Genugthuung zu geben. Ver¬
gebens habe ich darauf versucht, in Basel und in Wien
zu Euch zu dringen, um Euch anzuflehen, mir abermals
Euren mächtigen Arm zu leihen; überall bin ich abge¬
wiesen worden, und man sagte mir, daß Ihr mir zürnet.
Mir blieb kein anderer Weg, zu Euch zu gelangen, als
der, daß ich Euch hier im Walde wie ein Räuber übersiel.
Verdiene ich dafür Strafe, so strafet mich; aber noch
einmal bitte ich Euch um Gerechtigkeit!"
Mit lauter Stimme hatte Heinrich diese Worte ge¬
sprochen; als er aber geendet hatte, da flammte helle
Zornesröte im Gesichte des Kaisers auf. „Was fagst
Du, junger Mann", rief er laut, „so werden also meine
Befehle mißachtet im Reiche? So wird das Recht mit
Füßen getreten in meinem Lande? So hindert meine
Umgebung einen meiner freien Bürger, zu mir zu
kommen, um mir seine Klage zu unterbreiten?" Sofort