— 74 —
Trost in dieser schrecklichen Einsamkeit wird sein, daß ich
keines Unrechtes mir bewußt bin. Und so vertraue ich
denn auf Gott, daß er mich bald meiner Bande ent¬
ledigen und mir die Freiheit wiedergeben wird; will er
es aber nicht thun und hat er beschlossen, daß ich un¬
schuldig leide, so geschehe sein Wille!" Mit diesen
Worten trat er in den Kerker ein; als sich aber die
Thür hinter ihm geschlossen hatte und er allein war, da
schlug er beide Hände vor das Gesicht und stöhnte laut:
„0 mein armes Weib und meine armen Kinder!" Und
schluchzend warf er sich aus die feuchte Strohschütte, die
ihm fortan als Lager dienen sollte.
Neuntes Kap itel:
Die Familie Vasmer.
Der Ratsherr Johann von Minden, Vasmers
Schwiegersohn und jetzt sein erbitterter Gegner, hatte es
bis jetzt verstanden, von seinem Weibe die Kunde von
der Verhaftung und Einkerkerung ihres Vaters fernzu¬
halten. ^ Als aber nun an dem folgenden Morgen lär¬
mende Volksmassen durch die Straßen zogen und Vasmers
Name in aller Munde war, da war es nicht möglich,
die Sache länger vor ihr zu verbergen. Wie vom
Blitze getroffen .erschrak Julie von Minden, als jte aus
dem Lärm auf der Straße die schrecklichen Worte ver¬
nahm, daß ihr Vater, deren Rechtschaffenheit in der
ganzen Stadt bekannt war, des Hochverrates angeklagt
im Hurrelberge saß. Sie sträubte sich anfangs, die er¬
schütternde Mär zn glauben, so lange sie nicht die Be¬
stätigung derselben aus dem Munde ihres Gemahls er¬
halten hatte. Er konnte es ja nicht dulden, daß der
Schwiegervater in das schreckliche Verließ eingesperrt
wurde; er würde es verhindert haben, verhindert um
jeden Preis! Gewiß hätte er lieber seine Würde als