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gleichlicher Sicherheit sein Lebenswerk." Sofort erkannte er
das Mißverhältnis, das zwischen der Macht Preußens und
seiner Geltung obwaltete, besonders den Übermut Österreichs.
Aus dem Parteimann wurde der Staatsmann, der
Verfechter einer ausschließlich preußischen Vorherrschaft in
Deutschland; um diese zu erreichen, machte er sich zum Werk¬
zeug des nationalen Gedankens; denn ‘es gab nichts Deut¬
scheres, als gerade die Entwickelung richtig verstandener
preußischer Partikularinteressen'. Das ‘spezisisckie Preu-
ß ent um' (s. S. 24) bildete den Ausgangspunkt in Bismarcks
Wirken. ‘Es kam darauf an, den König von Preußen, bewußt
oder unbewußt, für den Dienst der nationalen Sache zu gewin¬
nen, mochte man vom borussischen Standpunkt die Führung
Preußens oder auf dem nationalen die Einigung Deutschlands
als die Hauptsache betrachten; beide Ziele deckten einander'.
8. Aus dem Briefe an den Herausgeber der Kreuzzeitung,
H. Wagener.
5. Juni 1851.
. . . Ich langweile mich hier unglaublich; der ein¬
zige Mann, der mir gefallt, ist Schele, der hannoverische
Gesandte. Die Österreicher sind intrigant unter der Maske
burschikoser Bonhommie . . . und suchen uns bei kleineren
Formalien zu übertölpeln, worin bis jetzt unsere einzige
Beschäftigung besteht. Die von den kleinen Staaten sind
meist karrikierte Zopfdiplomaten, die sofort die Bericht-
Physiognomie aufstecken, wenn ich sie nur um Feuer zur
Zigarre bitte, und Blick und Wort mit Regensburger Sorg¬
falt wählen, wenn sie den Schlüssel zum A — fordern.
Die entente cordiale zwischen Österreich und Bayern zeigt
sich hier als sehr gelockert, wenn es nicht verabredete
Komödie ist, was kaum glaublich scheint. Beneidenswert
ist die Disziplin, welche in Österreich und seinen Ver¬
tretern alles, was vom Kaiser bezahlt, nach gleichem Takt
sich bewegen läßt. Bei uns singt jeder seine eigene Melo¬
die, verleumdet den anderen und schreibt Spezialberichte