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von Staats wegen geschieht, hinderlich sein; — das min¬
dert die Unzufriedenheit, und Unzufriedenheit brauchen
sie. Also das war natürlich vorauszusehen, daß sie da¬
gegen stimmen würden.
Ich habe mich auch darüber nicht gewundert, daß
die Herren von der freisinnigen Partei dagegen stimmen.
Ich habe in dem Vierteljahrhundert und mehr, daß ich
an dieser Stelle bin, noch nie von diesen Herren eine
Zustimmung für irgend etwas gehabt (Oho! links), wenn ich
allein vielleicht ausnehme vor Jahr und Tag die letzte
Zustimmung zur letzten Hand, die an unsere Wehrver¬
fassung gelegt wurde1). Ob Sie da aus Liebe zum Reich
und in Minderung Ihrer Abneigung gegen meine Person
gestimmt haben, oder in der fraktionsmäßigen Notlage
Ihre Zustimmung oder Ihr Schweigen haben geschehen
lassen (Rufe links: Pfui!). — Meine Herren, von „Pfui" ist
da nicht die Rede, — erlauben Sie, daß ich da ganz
offen rede; wer mir „Pfui" sagt, den nenne ich un¬
verschämt (Bravo! rechts)! Ich will den Herrn gar nicht fragen
— —^ Sie mögen die Wahrheit nicht hören; ich bin
aber hier, um Ihnen die Wahrheit zu sagen; insultieren
lasse ich mich nicht, dann insultiere ich wieder (Bravo! rechts).
„Pfui" — ich weiß nicht, worauf sich das bezog; ich
kann deshalb darauf nicht erwidern. Ich betrachte es
als einen allgemeinen Ausdruck des Haffes, dessen Gegen¬
stand ich seit Jahren hier an dieser Stelle für die Herren,
welche dort (links) fitzen, gewesen bin. Als Christ kann ich
das hinnehmen, aber als Kanzler, solange ich hier stehe,
kämpfe ich dagegen und laffe mir dergleichen nicht sagen,
ohne darauf zu reagieren.
Kennen Sie außer Ihrer teils schweigenden, teils aus¬
drücklichen Zustimmung zu unseren Wehrvorlagen irgend
eine organische Bestimmung, von der Reichsverfassung
angefangen bis an die heutige Vorlage, bei der die frei-
*) S. Nr. 42 dieser Auswahl.