10.Ekkehards IV. Casus S. Galli (11. Jh.). ll.Exord. coenobii Cisterc. 1098 19
vorgesetzten nicht, wieviel weniger sich untereinander! wenn ihnen aber
ein vergehen vorgehalten wird, so sind sie nicht gewohnt, sich schuldig zu
bekennen und um Verzeihung zu bitten, sondern in wilder Erregung ver¬
teidigen sie sich selbst mit gusreden, geben gepfefferte Antworten und ziehen
wie Weiber die ganze schmutzige Wäsche der anderen gegenseitig hervor:
man könnte glauben, es seien keine Menschen mehr, sondern wilde Tiere,
die sich anbrüllen und zerfleischen. Und nun vergleiche man mit diesen alten
Zündern die kindlich reine Seele der Mönche!
10. Bus Ekkehards IV.1 Casus Sancti Galli.
Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. 2. Ges.-5lusg., Bb. 38. 1891. Übers,
von D. Meyer von Krtonau. S. 202.
. . . RIs nach feiner2 Ankunft wenige Tage verflossen waren, ... er¬
weckte er die ein wenig allerdings eingeschläferte Lehre sehr sorgfältig von
neuem und stellte die immer am Grt des Gallus eingepflanzte Zucht wieder
her. In den Lebensbedürfnissen aber versorgte er seine Brüder in jeglicher
weise; waren doch unter ihm stets alle Vorratskammern voll! Denn Wein¬
berge brachte Kichere, ein für den heiligen Gallus eifrig zusammensuchender
Mann, nach den (Ermahnungen seines Dekans bald durch Geld bald durch
Tausch in solcher Größe zusammen, daß der gemeinsame Keller der Brüder
und auch noch der des Rbts die Fülle nicht zu fassen vermochten, weshalb
nicht wenige Gefäße mit wein im Hofe des Rbts, aber auch draußen unter
freiem Himmel unter Wächtern niedergelegt wurden. Manche frommen
Brüder wiesen sogar den sonst üblichen Rotwein, der nicht schlecht war,
vor den fernen Genüssen zurück!
11. Bus dem Exordium coenobii et ordinis
Cisterciensis 1098.
Nomasticon Cisterciense (Paris 1664).
Kap. 3. 3m vertrauen auf eine so bedeutende Persönlichkeit3 kehrte
Rbt Robert mit seinen Freunden nach Molesme4 zurück. Dort wählten sie
sich aus dem Mönchskollegium noch weitere Genossen aus, die die Regel zu
halten gelobten, so daß es schließlich 21 Mönche waren. Diese zogen nun
freudig in die Einöde, die Cistercium hieß. Dieser Platz, im Bistum Ta-
bilo5 gelegen, wurde damals wegen des dichten Waldes und des vielen Dorn¬
gestrüpps nicht von Menschen betreten; nur Tiere lebten darin. (Einen solchen
Ort hatten sich die Männer Gottes schon lange gewünscht; gerade weil er
den Menschen trostlos und unzugänglich erschien, hielten sie ihn für treff-
1 Gest. um 1060. 2 Des Hbtes Notker von St. Gallen (971—75).
3 Hugo, Erzbischof von Lyon, der ihnen die Erlaubnis gegeben hatte.
4 Diöz. Langres. 6 Lhalons-sur-Saöne.