14 I- Dom Kusbruch des Krieges bis zum Einmarsch in Frankreich
9. Die Schlacht bei Leipzig,
a) Kampf bei Möckern am 16. Oktobers
Zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags trat ein Moment ein, wo —
ich kann es Ihnen zufchwören — York, Katzeler und wir alle Möckern für
verloren halten mußten. Unsere Infanterie sahen wir in ausgelösten
Scharen und in einzelnen Trupps, fast ihrer sämtlichen Führer beraubt,
seitwärts auf uns zu nach dem offenen Felde kommen, von geschlossenen
Bataillonen der Franzosen verfolgt, hier und da auch schon eingeholt,
da die unseren ihre verwundeten Kameraden, deren es unzählige gab,
nicht in Feindes Hand lassen wollten. Mit verhängtem Zügel kam jetzt
von Schack, Yorks Adjutant, herangesprengt und forderte den General
sehr dringend auf, ohne Verzug die Kavallerie vorgehen zu lassen.
„Sind das dort die brandenburgifchen Husaren?" fragte York; mir be¬
stätigten es, und sogleich flog er über das Stoppelfeld hin zu ihnen; mir
folgten und hörten feinen Zuruf: „Sohr ! attackieren !"; öie (Einmendung,
welche ihm Sohr machte, erst das herankommen der Reserve abmatten
zu roolten, da er mit feinen paar hundert Pferden nicht auf (Erfolg
rechnen könne, nahm York übel auf, miederholte feinen Befehl in sehr
starken Ausdrücken und ritt mit Schack und Katzeler nach der anderen
Seite hin, um Infanterie und Artillerie herbeizurufen. — Ich blieb
an der Seite Sohrs, um die Attacke mitzumachen. Kaum hatten sich
die Schmadronen in Trab gefetzt und durch die Zmifchenräume unsere
ungeordneten Infanterietrupps durchgelassen, mährend mir schon dem
feindlichen Feuer ausgesetzt maren — da erblickte ich durch den Pulver¬
dampf hindurch in der Ferne feindliche Reiterei, melche auf dem besten
Wege mar, uns in der Flanke zu nehmen. Nur mit einem wort machte
ich Sohr auf die Gefahr, die uns bedrohte, aufmerksam und sagte,
daß ich unverzüglich unsere nächste Kavallerie herbeirufen merde. Zu
unserem Glück erreichte ich noch zu rechter Zeit Major Schierstedt, den ich
beschmor, ohne eine Minute Verzug mir mit seiner Kavallerie — sie
bestand aus einigen Schmadronen brandenburgischer Ulanen und dem
5. schlesischen Landmehrreiterregiment — zu folgen, um gegen die feind¬
liche Reiterei, die gegen unsere Flanke heranrückte, einen herzhaften
dhof auszuführen. Dies gelang uns aufs beste. Die feindliche Reiterei
maren tDürttemberger, vom General Rormann geführt; sie mürbe ge-
morsen. Sohr bekam dadurch freie Bahn, und mährend die Säbel feiner
Husaren dem französischen Fußvolk die Schädel spalteten, saßen die Lan¬
zen unserer Ulanen den EDürttembergern in den Rippen und belehrten
sie, daß mit Schmabenstreichen gegen uns nichts auszurichten fei.2
1 Erzählung des Generals von Reiher, damals Adjutant des York-Korps,
bei Förster, Befreiungskriege II S. 184 f.
1 Dieser Angriff der Kavallerie unter Sohr entschied den Kampf; York