4. Vas preußische Heer. 5. Wirkung des Waffenstillstandes 7
teilweise von unseren Verbündeten unterstützt (doch ist es gerecht, zu
sagen, daß, wo russische Divisionen herankamen, sie immer äußerst gut
geschlagen haben, nur nicht mit Begeisterung), gegen eine für uns ganz
ungeheure Übermacht, weil jeder gefochten hat, als ob alles auf ihn
ankäme, Dinge getan, die man für unmöglich halten möchte. — Ba¬
taillons, denen fast alle Offiziere erschossen oder verwundet waren,
haben mit größter Ordnung fortgefochten. Dabei ist die Geduld, die
stille Resignation, die Früchte ihrer Taten ohne Ursache vergehen zu
sehen, die Sittlichkeit, die Ordnung der Rrmee — kein einziges Exempel
von Exzessen wird ermähnt: kein Soldat hat auf dem Rückzüge maro¬
diert — so erhebend, daß man vor dieser Rrtnee Ehrfurcht haben muß.
Gott weiß, was Deutschlands Schicksal wird und das unsrige. Sollen
aber die Mittel der glänzendsten Befreiung durch fremde Schuld frucht¬
los bleiben, so endigt Deutschlands Freiheit mit einem Ruhm öer
Preußen1, welcher Friedrichs militärische Größe verdunkelt. Ob es
so heilig in der Rrmee wäre, wenn wir ihn hätten? Fast glaube ich
nicht, boch möglich, und dann trotzten wir wieder der ganzen IDelt.
5. Aufnahme der Nachricht vom Abschlutz der Waffenstillstandes?
Hm andern Morgen traf ich auf einen wackeren Gardedukorps-
(Dffizier, mir von sonst her schon bekannt, jetzt im (Befolge Blüchers.
Er sah trüb und niedergeschlagen aus, und auf meine Frage darüber
entgegnete er: „Ja so ! Sie wissen's noch nicht. Waffenstillstand !" 3
Ich schrak zusammen. „Waffenstillstand !" rief ich: „Was soll das bedeu¬
ten !" — „Was es bei Napoleon immer zu bedeuten pflegt: Frieden.
Und welch ein Friede jetzt!" — Ich fühlte mich gleich dem edlen Jüng¬
linge wie durchdonnert. Im selben Augenblick trat Blücher auf den
1 Daß den Preußen das Hauptverdienst an den kriegerischen (Erfolgen über
Napoleon gebührt, steht außer Zweifel. Rückert dichtete damals: „Aber der
Geist, der die Preußen hat angerührt, der hat's vollführt, der roar's, der euch
geschlagen zumeist."
s Lebensgeschichte des Baron Friedr. de la Motte Fouque, aufgezeichnet
durch ihn selbst. Halle 1840. S. 323.
3 (Es ist oft die Frage erörtert worden, ob Napoleon mit der Bewilligung
des Waffenstillstandes einen Fehler begangen habe. Napoleon selbst hat ihn
bekanntlich später auf St. Helena ausdrücklich als seinen größten Fehler be¬
zeichnet. Müffling schreibt darüber (Aus meinem Leben S. 54): „Darüber, daß
Napoleon durch den Abschluß dieses Waffenstillstandes einen bedeutenden Fehler
beging, sind späterhin auch feine größten Verehrer nicht im Zweifel gewesen.
(Ebenso ist von preußischer Seite später erkannt worden, wie günstig dieser
Waffenstillstand für Preußen war, aber nach seinem Abschluß wurde er, vor
allem von den Mitgliedern des Tugendbundes, als unnötig und als ein Fehl¬
griff getadelt, ja als ein erschlaffendes Staatsunglück dargestellt." steuere For¬
scher bekämpfen die Anficht, daß Napoleon hierin einen Fehler begangen habe,
so Rud. Friederich in feiner „(Beschichte der Befreiungskriege 1813—1815“.