Das Frankreich. Chlodwig. 35
solches für besondere Dienste verliehenes Gut hieß Lehen (Feod von Fe — Sold und
Ob — Gut). Die Inhaber solcher Lehensgüter hießen Vasallen, und, wenn sie zu
persönlichen uud Hofdiensten verpflichtet waren, Ministerialen. Nach unb uach
würben sämtliche Ämter als Lehen betrachtet und von dem König an feine Leute und
Vasallen verliehen. Aus diesen Vasallen entstand der Adel. Das damit verbundene
Ansehen veranlaßte selbst freie Männer, die unabhängig auf ihren Allodialgütent faßen,
den Dienst des Königs zu erstreben. Wem dies nicht gelang, der bemühte sich wenigstens einem
der Mächtigen näher zu treten und übernahm einen Teil von dessen Besitz gegen
Leistung bestimmter Abgaben oder persönlicher Dienste. Man nannte sie Hörige.
Durch schlimme Zeiten, Krieg, Mißjahre 2c. nahm die Zahl der Hörigen zu, die der
Freien ab. Man nannte dieses System das Feudalsystem. Im Lause der Zeit
umfaßte dasselbe in verschiedenen Abstufungen (Leibeigene, Hörige, Vasallen, Ministe¬
rialen) sämtliche Angehörige des Volkes. Da nur freie Leute an den Volksversamm¬
lungen (Maifelder) teilnehmen konnten, so kam diese Einrichtung in Versall. An
deren Stelle traten dann die sogenannten Reichsstände, bei denen im Mittelalter nur
Adel und Geistlichkeit, die ebenfalls Güter und Ämter zu Lehen trugen, vertreten
waren.
Die Merowinger.
6. Aas Irankenreich. Chlodwig (481—511).
Fränkische Stämme. Die meisten germanischen Völker hatten zur Zeit der
Völkerwanderung ihre früheren Wohnsitze verlassen und sich anderwärts angesiedelt.
Die Franken hatten sich vom Mittelrhein mehr rheinabwärts und von hier nach
Westen ausgebreitet. Sie zerfielen in drei Hauptstämme, die sich wieder in kleinere
Stämme gliederten. Die sali sehen Franken wohnten im Rheindelta. Ihren Namen
führten sie von der Jfala (9)ffel), die in den Zuyderfee mündet. Die ripnarif chen
Franken ix i. Uferfranken wohnten von Köln aufwärts zu beiden Seiten des Rheins.
Die Oberfranken, auch chattische Franken genannt, saßen zwischen Rhein, Lahn,
Eder, Fulda und Main.
Chlodwig. Auch nach dem Untergang des weströmischen Reiches behauptete der
römische Statthalter Syagrius einen Teil von Gallien, namentlich das Land an
der unteren Seine. Um diesen zu stürzen, setzten sich die salischen Frauken unter
ihrem König Chlodwig in Bewegung. Von seinem Vater Merowäus führte Chlod¬
wigs Geschlecht auch den Namen Merowinger. Er verstand es, die getrennten
Stämme der Franken zu einem Volke zu vereinigen und sich zum Alleinherrscher empor¬
zuschwingen. Zuerst besiegte er Syagrius, dann schlug er in einer gewaltigen Schlacht
bei Zülpich (496) die Alemannen, welche nach dem Niederrhein vorzudringen suchten.
Diese mußten ihr Gebiet bis zum Neckar den Franken überlassen und waren ihnen
zur Heerfolge verpflichtet. Später besiegte Chlodwig noch die Burgunder bei Dijon
(500) und die Westgoten bei Vougle (507). Er gründete hieraus, nachdem er alle
seine Verwandten durch Verrat und Hinterlist aus dem Wege geräumt hatte, das ge¬
waltige Frankenreich mit der Hauptstadt Paris.
66l'o6roiflS 25fllcfjruna. Chlodwigs Gemahlin Chlotilbe, eine burgundische Königstochter, war
Christin. Vergebens hatte sie sich bemüht, auch ihren Gemahl dem Christentum zu gewinnen. Als nun in
der Schlacht bei Zülpich Chlodwig seine Reihen wanken sah, rief er den Gott der Christen um Hilfe an.
Er gelobte, sich taufen zu lassen, wenn er den Sieg erlange. Wirklich trat eine glückliche Wendung ein,
urtd er erfocht einen glänzenden Sieg. Am Weihnachtsseste 496 wurde er in Reims mit 3000 ‘seiner
Franken getauft. Nach der Sage habe eine weiße Taube während der heiligen Handlung ein Fläschchen
mit Ol von oben gebracht zu seiner Salbung, Bischof Remigius, der die Taufe verrichtete, rief ihm zu:
„Beuge dein Haupt in Demut, stolzer Sigarnbrer, verbrenne, was du angebetet, und Bete an. was du ver¬
brannt hast!" Vorn Pavste erhielt Chlodwig wegen seiner Bekehrung den Titel „allerchristlichster"
König, den von da an sämtliche französische Könige führten. Äußerlich war Chlodwig zwar ein Christ
geworden, aber innerlich blieb er, was er vorher gewesen, ein ungerechter, grausamer und heimtückischer
Herrscher, dem nichts heilig war, unb der alles seinem unersättlichen Ehrgeiz opferte.
Nach Chlodwigs Tode (511) teilten feine vier Söhne das Reich. Wie dasselbe
durch List, Verrat und Gewalt entstanden war, so zeigt auch die fernere Geschichte
desselben eine ununterbrochene Reihe von Mord- und Schandthaten, Bruder- und
Bürgerkriegen bis zum rühmlosen Ausgang der Merowinger.