Wichtige Erfindungen und Entdeckungen. 
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fall geriet, fing man an, die Sänge zn sammeln und aufzuschreiben. Die wertvollsten 
sind das Nibelungenlied undGndrnn. Jetzt nahm das Bürgertum in den Städten 
die Volksdichtung in seine besondere Obhut und pflegte sie als „Meistergesang" zwar 
schul- und zunftmäßig, aber mit rührender Ehrerbietung vor der Kunst. Man stellte 
Gesetze und Formen des Rennens auf, welche gewissenhaft beachtet werden mußten. Wie 
in dem Handwerk, so mußte auch hier die Meisterschaft durch tadellose Leistungen er¬ 
rungen werden. Dies geschah in den „Singschulen" und in den „Festschulen". Erstere 
wurden monatlich, letztere nur dreimal jährlich an den hohen Festen nach beendetem 
Nachmittagsgottesdienst abgehalten. Gegenstände des Gesanges waren biblische Ge¬ 
schichten, Glaubenssätze oder andere religiöse Stoffe. „Merker" wachten darüber, 
ob bei dem Singen kein Verstoß gegen die Gesetze des Reimens re. vorkam. Der 
„Übersinger" (der 1. Sieger) erhielt den „König Davidspreis", eine silberne 
Kette mit angehängter Denkmünze, auf welcher König David mit der Harfe dargestellt 
war. Der nächste nach dem Übersinger erhielt einen Kranz von seidenen Blnmen zum 
Aussetzen. Als ersten Meistersänger bezeichnet man Heinrich von Meißen, genannt 
Franenlob (gest. 1317 in Mainz). Der berühmteste Meistersänger war jedenfalls 
Hans Sachs, ein Schuhmacher aus Nürnberg (gest. 1576), dessen Dichtungen die Zahl 
von 6000 erheblich überstiegen. Der 30jährige Krieg versetzte dem ehrwürdigen Meister¬ 
gesang den Todesstoß. 
Das Stadtrcgiment. In allen Städten fand sich eine Anzahl vornehmer Ge¬ 
schlechter. Ihre Häuser zeichneten sich vor denen der übrigen Bürger durch eine solidere 
Bauart aus und bargen im Innern nicht selten ungeheuren Reichtum an Gold, Silber 
und künstlichen Geräten. In der Regel waren sie die Besitzer von Grund und Boden 
der Feldmark, soweit dieser nicht Gemeingut war. Man nannte sie Patrizier (Edel¬ 
bürger) nnd sie hatten vor ben übrigen Bürgern große Vorrechte. Sie wählten die 
Stadtobrigkeit: Schultheißen, Schöffen unb Ratsherren aus ihrer Mitte unb wußten 
bie übrigen Bürger in Abhängigkeit zu halten. Erst nach langen, zum Teil hartnäckigen 
Kämpfen gelang es ben übrigen Bürgern unb ben Handwerkern, Anteil an ber Stabt- 
verwaltung zu erlangen. Neben ben Bürgern, bie ein festes Heimwesen in ber Stabt 
besaßen, gab es in ben Vorstädten noch eine Menge armen Volks, das sich hereindrängte, 
um Arbeit und Schlitz zn finden. Es waren meist ans benachbarten Herrschaften ent¬ 
laufene Leibeigene, die von den Bürgern als Knechte, Taglöhner, Winzer und Schnitter 
verwendet wurden. Man nannte sie Pfahlbürger, weil sie bei der Aufnahme nicht in 
Waffen, sondern mit einem Pfahl in der Hand erschienen. 
23. Wichtige Erfindungen und Entdeckungen. 
Tns Schießpulver war den Chinesen schon bor 2000 Jahren bekannt. Von 
diesen scheint es zu den Indern und später zu den Arabern gekommen zu sein, die 
es nach Spanien brachten. Man benutzte es jedoch nicht zum Fortschleudern von 
Geschossen, sondern zu Spielereien und Feuerwerken. Die verderbliche Kraft des 
Pulvers soll zuerst von einem Mönch, Berthold Schwarz aus Freiburg, entdeckt wor¬ 
den sein, der Salpeter, Kohle und Schwefel in einem Mörser zerstampfte. Die ersten 
Feuerwaffen waren sehr groß und schwer. Sie dienten dazu, anfangs steinerne und 
später eiserne Kugeln fortzuschleudern. Wenn der Schuß auch noch sehr unsicher war, 
so benutzten doch die Städte die neue Erfindung gern, denn die stärksten Mauern 
einer Burg erlagen endlich den schweren Kugeln der „Donnerbüchsen". Später 
goß man auch engere Röhren, die ein Mann tragen konnte. Sie waren aber immer 
noch so schwer, daß sie beim Abfeuern auf eine Gabel oder einen Haken gestützt 
werden mußten, daher Hakenbüchsen (Arkebusen). Aber auch mit ihnen war der 
Lchuß so unsicher, daß Bogen und Armbrust vor ihnen den Vorzug verdienten. 
Die Handfeuerwaffen kamen deshalb nur langsam in Ausnahme und noch im 
16. Jahrhundert bestand ein erheblicher Teil der Armeen neben den Musketieren*) aus 
Hellebardieren und Pikenieren. Erst nach Erfindung des Bajonetts, als Spieß unb 
Muskete in einer Waffe vereinigt waren, kamen die Feuerwaffen allgemein in Auf¬ 
nahme. Das Abfeuern des Schusses geschah ansangs durch brennende Lunten, später 
*) Muskete stammt von dem italienischen Wort moschetta = stiege. Man liebte es nämlich ben 
Feuerwaffen Namen von Tieren beizulegen. Mit Musketen bewaffnete Leute hießen Musketiere. 
Geschichte. (Truil Roth in Gießen.) 5
	        
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