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Die griechische Geschichte.
fielen. Die Reste des geschlagenen Heeres retteten sich in das stark be-
feftigte Lager und zogen nach einiger Zeit in die Heimat ab.
Aber Epaminondas wollte nicht nur die Freiheit seines Vaterlandes
wahren; er beabsichtigte, die gewaltsamen Übergriffe Spartas
für die Zukunft überhaupt unmöglich zu machen. Zu diesem
Zwecke war es nötig, die Vormachtstellung der hochmütigen Stadt im
Peloponnes selbst zn erschüttern. Viermal rückte Epaminondas mit den
thebanischen Truppen in die Halbinsel ein. Unter seinem Schutze machten
sich die Arkadier unabhängig und gründeten eine neue befestigte
Hauptstadt. Auch Messenien wurde als selbständiger Staat
wiederhergestellt und meist mit befreiten Heloten besiedelt, den unversöhn¬
lichen Feinden ihrer einstigen spartanischen Herren. Auf seinem letzten
Zuge nach dem Peloponnes griff Epaminondas sogar das mauerlose Sparta
selbst an; nur durch die Tatkraft und Umsicht des alten Agesilaus wurde
die Stadt vor Zerstörung gerettet. Die Thebaner mußten sich nach Ar-
v. Chr. kadien zurückziehen. Bei Mantinea 362 v. Chr. kam es zur Ent¬
scheidungsschlacht gegen die nachrückenden Feinde. Die Thebaner
erfochten einen schönen Sieg, aber sie bezahlten ihn teuer mit dem Tode
ihres heldenhaften Führers. Pelopidas war schon einige Jahre
früher im Kampfe gegen die Theffalier gefallen. Theben konnte nach dem
Tode dieser beiden ausgezeichneten Männer feine so plötzlich errungene
Machtstellung nicht behaupten. Aber auch Spartas Vorherrschaft
in Griechenland war für immer dahin.
§ 24.
Niedergang der griechischen Kultur.
Die griechische Kultur, deren hohe Entwicklung im perikleischen Zeit¬
alter unsere Bewunderung erregen muß, befand sich bei diesen fortwährenden
Bruderkriegen auf allen Gebieten im Niedergang.
1. Wirtschaftlicher Niedergang. Der peloponnesische Krieg hatte
nicht nur die wirtschaftliche Blüte Athens vernichtet, er hatte auch der
Landwirtschaft, dem Handel und der Industrie der übrigen
griechischen Staaten unheilbare Wunden geschlagen. Die seit¬
dem ununterbrochen andauernden Kämpfe zwischen den einzelnen griechischen
Mächten verschlangen ungeheuere Geldmittel, ohne daß bei der herrschenden
Unsicherheit an eine gedeihliche Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens zu